Probier’s mal mit Gemütlichkeit
Pekingente gibt’s beim Chinesen? Stimmt. Aber sie tummeln sich auch auf zehn hiesigen Biobauernhöfen. Europaweit ist das einzigartig. Doch wie geht’s Bauern und Vieh?
“Gemütlich”. Das ist das erste Attribut, das Katharina Edelbauer-Blaschek einfällt, wenn sie an ihre rund 1.600 Pekingenten denkt, die auf ihrem Bauernhof herumwatscheln. Aber dann kommt noch etwas nach. “Sie nehmen aber sehr gern den gesamten Auslauf an und sind geländegängig.” Freude bereiten die gemütlichen Viecher naturgemäß auch. Der genannten Bäuerin etwa, wenn sie ihnen beim Plantschen am Becken und beim Watscheln durch die Wiese zusieht. Da ist dann selbst das doch recht aufwändige tägliche Einstreuen vergessen. Edelbauer-Blaschek gehört übrigens zu den zehn heimischen Biobauern, die sich dem Federvieh seit 2017 intensiv widmen und es in Biohaltung hegen und pflegen.
Österreich importiert 96 Prozent seines Entenfleisches
Das ist nicht nur für Österreich ungewöhnlich, sondern gleich ein Novum in ganz Europa. Hinter dem Projekt stehen die Eiermacher, ansässig im oberösterreichischen Kremsmünster, beschäftigt mit der biologischen Geflügelproduktion. Geschäftsführer Manfred Söllradl behagte es ganz und gar nicht, dass die 3.931 Tonnen Entenfleisch auf den heimischen Tellern zum allergrößten Teil Importware aus Ungarn, Frankreich oder Osteuropa waren. Und dort wiederum mehr als die Hälfte zwangsgefüttert wird, um Stopfleber zu erhalten. Sie wissen schon: Dabei wird den Tieren jeden Tag ein 50 cm langes Metallrohr gewaltsam in den Hals gestoßen, durch das ihnen 800 bis 1.000 Gramm Maisbrei in den Magen gepumpt wird. Umgerechnet auf den Menschen entspricht das einer Menge von zweimal sieben Kilo Spaghetti am Tag. Muss nicht sein, dachte man sich bei den Eiermachern und beschloss, ein eigenes Bio-Entenprojekt in Oberösterreich umzusetzen.
Zehn Pioniergeister trauten sich
Zehn Bauern fanden sich, die dabei sein wollten. Fast alle übrigens junge Familien mit Pioniergeist. Davor hatte sich in Europa noch niemand an so ein Projekt rangetraut. Aber warum eigentlich? “Zum einen ist die Ente traditionell vor allem im Herbst und Winter stark gefragt, so dass sich einige nicht über den Sommer trauen mit der Vermarktung”, sagt Projektleiter Jens Eipper. Zum anderen hätte man den Vorteil gehabt, dass wichtige Strukturen wie etwa ein Schlachthof aufgrund eines hauseigenen Bio Junghahnen Projektes schon da gewesen sei. Heute läuft die Sache mit den Bioenten ziemlich rund. So rund, dass die Tierschutzorganisation Vier Pfoten dafür sogar ihr Tierschutz-kontrolliert-Gütesiegel vergeben hat.
Entenproduktion in Europa
Biologisch:
Nur in Österreich und Dänemark Eiermacher Bio-Ente (Pekingente):
- Einstreu/Tageslicht/Rundtränken/
Wannen/Auslauf - Landwirte schauen selbst auf die Tiere, max. 3.200 Tiere pro Stall
- Kurze Transportwege innerhalb Oberösterreichs.
- Biologisches Futter
- Gesundheitsprogramme der Österreichischen Qualitätsgeflügelvereinigung (QGV)
- Kooperation mit Vier Pfoten
- Motto: Gesunde Tiere = hohe Fleischqualität
Konventionell:
- Größte Produzenten: Ungarn, Frankreich, Polen, Deutschland
- Herdengrößen: 5.000 – 40.000 Tiere
- In Frankreich, Ungarn, Polen: mehr als 50 Prozent Zwangsfütterung (Stopfleber). Dieses Fleisch findet sich auf im heimischen Handel.
- Bei Zwangsfütterung (Stopfen) werden weibliche Küken „entsorgt“
- Hoher Antibiotikaeinsatz
- Lebendrupf wird noch praktiziert
Haltungsbedingungen:
- Tiere werden in Käfigen gehalten
- Ställe ohne Tageslicht
- Reiner Betonboden oder Ablaufroste
- Gekürzte Schnäbel und Krallen
- Keine Bade-/Waschgelegenheit
Im Schnitt halten die Bauern 3000 Tiere der Rasse Pekinente, haben sich viel Wissen angeeignet und können ihre Herden gut einschätzen. Letzteres macht Eipper besonders stolz: “Es gab in der Bio Entenhaltung in Europa so gut wie kein Know How. Das haben wir uns alles mit unseren Partnerbetrieben selbst erarbeitet”, sagt er. Warum man die Pekingente gewählt hat? Schlicht wegen ihrer Robustheit und weil sie im Gegensatz zur Barbarieente (Flugente) gut zu halten ist. Die Tiere werden gemischtgeschlechtlicht aufgezogen. Schnäbel und Krallen werden nicht gekürzt. Im Vergleich dazu ist die Haltung der Barbarieente, bis auf wenige Ausnahmen kleiner Direktvermarkter, in Österreich auf Grund von Tierschutzgesetzen nicht möglich. Wie lebt es sich so als Bio-Ente? Die Küken von biologisch lebenden Elterntieren und in der Folge einer biozertifizierten Brüterei kommen direkt am Schlupftag auf den jeweiligen Betrieb mit komplett eingestreutem Stall, der große Fensterflächen hat: “Wodurch es von Anfang an viel Tageslicht gibt”, sagt Eipper. Zudem finden sich schon im Stall tiefe Tränken die ein ausgiebiges Putzen ermöglichen. Schließlich hat man es mit den Vielwäschern unter den Tieren zu tun. Auf die Wiese geht es je nach Witterung mit drei bis vier Wochen. Das gibt es dann zusätzlich Wasserwannen, um dem Waschtrieb nachzukommen. Im Alter von 49-52 Tagen bleibt dann aber auch den Bioenten das Schlachten nicht erspart. Eine konventionelle Ente? Wird oft nur auf einem Rostboden ähnlich den Spaltenböden von Schweinen gehalten. Einen Auslauf gibt es während der 42 Lebenstage kaum. Am ärmsten dran sind Barbarieenten. Die werden zumeist in Ställen ohne Tageslicht gehalten und ihre Schnäbel und Krallen werden gekürzt, um Kannibalismus zu verhindern. Die Herdengröße in der konventionellen Haltung kann übrigens bis zu 40.000 Tiere erreichen. Werden in Österreich Enten konventionell gehalten? Jein. Es gibt zwar einige wenige Halter, zumeist Direktvermarkter, die im Herbst und Winter Enten produzieren. Wirtschaftlich nennenswert ist das aber nicht. Kein einziger Betrieb ist aus dem Bioprojekt bisher ausgestiegen. Weitere Interessierte gibt es genug. Aktuell haben die aber keine Chance. Aus Vermarktungsgründen, sagt Eipper. Womit wir auch schon bei der größten Herausforderung sind: Der ganzjährigen Etablierung des Produktes und der damit verbunden Bekanntheit beim Kunden. Dem gelernten Österreicher muss erst nachhaltig nahe gebracht werden, dass eine Bio Ente auch am Grill oder als Burger schmeckt und nicht nur mit Rotkraut und Knödeln im Herbst. “Deswegen gibt es jetzt die Keulen und das Filet auch Sous Vide (vorgegart), einen Bioenten-Burger sowie marinierte Ware zum Grillen.” Und: Man setzt auf die Bundeshauptstadt. “Hier besteht sehr viel Potenzial in Gastronomie und Bio Handel, diese müssen wir jedoch noch erreichen”, sagt Eipper. Funktioniert die Sache mit den neuen Produktvarianten und den neuen Absatzwegen könnten auch weitere Betriebe rascher als gedacht zum Thema werden. Und noch mehr Enten können dann ein Leben führen, in dem Tierwohl nicht nur ein abstrakter Begriff ist. www.bio-ente.at