Durchgetaucht
Sie waren herausfordernd, die 2010er Jahre. Nicht wenige heimische Bauern haben das Handtuch geworfen. Ökonom Franz Sinabell sieht sie dennoch positiv.
Niedrig, hoch, niedrig. Wenn das gerade zu Ende gegangene Jahrzehnt durch eines geprägt war, dann durch die Berg- und Talfahrt der Milch-, Zucker-, und Getreidepreise. Nehmen wir nur mal den Weizen als Beispiel: Zwischen 2010 und Ende 2019 erhielten die Landwirte einmal 140, ein ander Mal 280 Euro für eine Tonne. Aktuell liegt der Preis an der Pariser Warenterminbörse Euronext bei 189 Euro. Warum ist er derzeit wieder einmal recht niedrig? Ganz einfach: Weil die weltweiten Getreide-Lagerbestände relativ hoch sind und die Preise daher gedämpft. Würde es aber in einem großen Anbaugebiet, etwa der USA oder Ukraine – eine schlechte Ernte geben, dann kann der Weltmarktpreis für Getreide mitunter ganz schnell wieder in die Höhe schießen. Apropos Ernte: Mit 3,12 Mio. Tonnen gab es 2019 in Österreich überdurchschnittlich viel Getreide. Genauer gesagt, liegt man mit der heurigen Ernte um vier Prozent über dem langjährigen Mittel.
27 Cent für einen Liter Milch, 12 Cent für knapp einen halben Kilo Zucker
Der Milchpreis schwankte in den 2010er Jahren ähnlich wie der Getreidepreis. Im Sommer 2016 erhielten die Bauern für konventionelle Milch nur etwas über 27 Cent netto. Mittlerweile hat sich der Erzeugermilchpreis nach der Liberalisierung des europäischen Milchmarktes – dem Ende der Milchproduktionsquoten – und der Milchpreiskrise 2015/16 aber glücklicher Weise wieder erholt. Aktuell liegt er bei 33 Cent pro Liter. Wer Heumilch anbietet, erhält fünf Cent mehr, für Bio-Heumilch gibt es einen Aufschlag von 15 Cent. Hart getroffen haben die schwankenden Preise auch die heimischen Zuckerrübenbauern. Die mussten sich mit Preisen zwischen 12 Cent (zuletzt) und 21 Cent (2016) für ein anglo-amerikanisches Pfund (rund 454 Gramm) Rüben herumschlagen. Warum? Die EU-Zuckermarktverordnung mit Produktionsbeschränkungen, Mindestrübenpreis und Exportbeschränkungen lief aus. Seitdem gibt es einen zuckerpreisabhängigen Rübenpreis, aber noch einen Zollschutz für den EU-Zuckermarkt.
“Günstige Entwicklung”
Jetzt klingt dieses Tohuwabohu in Sachen Preise weniger als gut. Und den viel zitierten Strukturwandel gibt es ohne Zweifel. So sind etwa von 44.000 österreichischen Milchbauern 2008 im Jahr 2018 gerade einmal 27.000 geblieben. Im Umkehrschluss heißt das: Satte 40 Prozent haben aufgegeben. Wifo-Ökonom Franz Sinabell ortet dennoch eine “Sehr günstige Entwicklung” der österreichischen Landwirtschaft im Vergleich zu den Nachbarländern und sagt, dass die heimischen Bauern die Auf und Abs der Preise insgesamt gut meistern konnten. Ihr Vorteil? Die Kleinstrukturiertheit – fast durchwegs finden sich hierzulande Familienbetriebe mit oftmals mehreren Einkommensquellen. Und die, sagt Sinabell, seien in Krisensituationen stabiler als Agrar-Großunternehmen in anderen EU-Staaten. Und dann tut die Spezialisierung das Ihre dazu. Wer sich auf Regionalität, Bio und oder neue Produkte fokussiert hat, der hat davon profitiert. Und wie wird es weiter gehen? Sinabell gibt sich optimistisch. Die heimische Landwirtschaft werde sich auch weiterhin “günstig entwickeln, wenn die Kunden in Österreich auf die Besonderheiten der österreichischen Lebensmittel aufmerksam gemacht werden und von den Vorteilen der lokalen Produktion überzeugt sind.”
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