Hendln lassen sich streicheln und Erdäpfel wachsen nicht als Pommes. Wer als Kind in den letzten 20 Jahren die “Schule am Bauernhof” besuchte, weiß das.

Alleine in Niederösterreich gingen 200.000 Kinder in 20 Jahren durch „Schule am Bauernhof“. ©LFI NÖ

Gerade geschlüpfte, ausgebüxte Entenküken aufsammeln und zurück in den Stall bringen, damit sie nicht die Katze erwischt und das neue Leben ein schnelles Ende hat. Das lernt man zum Beispiel auf einem Bauernhof. Genauer gesagt auf der “Schule am Bauernhof”, und zwar seit mittlerweile 20 Jahren. Da wird Butter geshaked, mit der Melkliesl gemolken, Erdäpfel werden gesetzt, Kühe und Kälber werden gefüttert und der Mythos Milch unter die Lupe genommen. Manchmal wird aber auch nur Gras bestaunt, wie auf dem Feldbauer-Hof bei Birgit Eder, der den Titel steirischer “Bauernhof des Jahres” trägt. Denn nicht nur dem Kuh-Nachwuchs ist der heimische Menschen-Nachwuchs mitunter noch nie gegenüber gestanden. Eder sagt:

“Oft sehen die Kinder sogar zum ersten Mal eine Wiese mit längerem Gras“

Am lehrreichsten aber ist wohl, was unvorhergesehen passiert. “Jeder der Tiere hat, weiß, dass auch hier vieles nicht planbar ist”, sagt Carina Laschober-Luif, ebenfalls eine der an der Initiative teilnehmende und dafür ausgebildete Bäuerin, die auch bloggt. Und dann holt einen das wirkliche Leben ein. Wie damals: “Ich hatte die Kinder in zwei Gruppen geteilt. Während ich die eine Gruppe vom Schweinestall in den Kuhstall brachte, und dann mit der anderen Gruppe zum Schweinestall gegangen bin – das waren vielleicht fünf Minuten – ist ein Huhn in den Schweinestall gehüpft. Ich kürze die Geschichte ab: Das Huhn hat das Ganze nicht überlebt und die Kinder haben es gesehen.” Ungewollt, aber auch unverfälscht: “Sprechende Schweinchen sind herzig und eine gute Marketingstrategie, aber sie entsprechen nicht der Realität”, sagt die burgenländische Seminarbäuerin. Natürlich werden solche Erlebnisse aufgearbeitet. Denn ein Pädagogengen alleine reicht nicht, um als Schule am Bauernhof-Betrieb loszulegen. Dafür braucht es einen 80-stündigen LFI-Zertifikatslehrgang und eine Überprüfung der Höfe auf Kindersicherheit.  Sicher ist sicher.

Bereits rund 500 landwirtschaftliche Betriebe in ganz Österreich bieten “Schule am Bauernhof” an. 21.000 Kinder haben letztes Jahr allein auf 143 niederösterreichischen Betrieben den Weg der Lebensmittel erforscht, und so mehr Bezug zur Landwirtschaft bekommen. 20.000 waren es auf 127 Bauernhöfen in Oberösterreich, 6.500 auf 95 steirischen. Am internationalsten allerdings war man in Kärnten bei Martina und Herwig Prossegger zugange. Dort waren 44 Jugendliche aus China zu Gast.  Den Kids ist eines gemeinsam: Fast alle kennen die Landwirtschaft nur noch aus dem Fernsehen und dem Supermarktregal. So weit hergeholt ist das mit den lila Kühen nämlich gar nicht. Ob sich die chinesischen Kids von den heimischen unterscheiden? Durchaus. “Was mich fasziniert hat, war die Disziplin und Aufmerksamkeit”, erzählte Bäuerin Prossegger. Und: “Jedes Kind hat die frische Kuhmilch und den frischen Topfen gekostet – das ist bei vielen heimischen Schulklassen nicht der Fall.” Doch egal welche Nation, in Wahrheit geht es immer um das Gleiche: Bewusstseinsbildung, Verständnis dafür, woher die Nahrungsmittel kommen, und Wertschätzung für die Leistungen der bäuerlichen Familienbetriebe, sagt Johannes Schmuckenschlager, Landwirtschaftskammer NÖ-Präsident. Wissen aus erster Hand durch die glaubwürdigsten Botschafter, könnte man auch sagen.

Vom Schnecken-Checken und der gegenseitigen Wertschätzung

Und was kostet das Ganze? Nicht viel. Ein Halbtag am Bauernhof läppische drei Euro pro Kind. Da verlegt man das Schulzimmer doch gern in die freie Natur und in den Stall, übrigens sogar in der Bundeshauptstadt. 14 teilnehmende Betriebe gibt es in Wien. Darunter ist Andreas Gugumuck. Auf seinem Schnecken-Bauernhof in Oberlaa ermöglicht er Schülern ein dreieinhalbstündiges „Schnecken-Checken“, erzählt, warum einst Wien die globale Schneckenmetropole war, wie nachhaltig die Zucht ist und wie daraus ein Future-Food wird. Was das im Idealfall bringt? Eine gestärkte Haltung als künftige umweltbewusste Konsumenten. Das letzte Wort lassen wir der eingangs zitierten Cariana Laschober-Luif, weil wir es nicht besser sagen könnten: “Gegenseitige Wertschätzung funktioniert viel besser, wenn man einander kennt.”

http://www.schuleambauernhof.at

Wer sich für den Blog von Carina Laschober-Luif interessiert, der findet ihn hier: http://www.landwirtschaftschmeckt.at