Waldviertler Wein?
Winzer Willi Bründlmayer prognostiziert, dass es bald keinen Grünen Veltliner mehr gibt. Außer das Waldviertel springt als Anbauregion ein.
„Der Wein erzählt vom Boden, von der Hitze, der Kälte, dem Sturm und dem Regen, von der Landschaft und auch den Menschen, mit denen er zu tun hat”, sagt Winzer Willi Bründlmayer. Nur die Hitze in Langenlois, die wird ihm jetzt langsam zu viel. Und nicht nur ihm, auch dem Grünen Veltliner, der wichtigsten Weißweinsorte des Bundeslandes, sagt er. Lange Rede, kurzer Sinn: Bründlmayer sieht das Kulturgut Grüner Veltliner gefährdet und zeichnet jetzt ein unschönes, düsteres Zukunfts-Szenario. “Wenn die Klimaerwärmung so weiter geht, stehen wir wirklich vor einer Katastrophe.”
Wichtigste Rebsorte Österreichs
Tatsächlich ist Österreich ohne Grünen Veltliner kaum auszudenken. Er ist die wichtigste Rebsorte des Landes und Hauptexportartikel der Weinwirtschaft. In Niederösterreich, wo Brüdlmayer werkt, nimmt der Grüne Veltliner gut ein Drittel der Rebfläche ein. Gut, aber wo ist jetzt genau das Problem? Ganz einfach: Je wärmer es wird, desto mehr Zucker und Alkohol haben die Trauben. Oder um es mit Josef Eitzinger, Klimaforscher an der Boku, auszudrücken: “Produzenten vom Grünen Veltliner kommen unter Druck, weil die Qualitätsstandards bezüglich Säure dann kaum mehr erreicht werden können.” Während nämlich etwa die Rotwein-Trauben die Wärme lieben, verliert der Veltliner seine Frische und feine Aromatik.
Wenn die Klimaforscher recht haben, wird sich das Weinviertel innerhalb der nächsten 20 Jahre zum Rotweingebiet entwickeln.
Für Bründlmayer kommt das einer Katastrophe gleich: “Wenn Österreich den Grünen Veltliner verliert, fehlt ein Eck Identität”, sagt er. Selbst betrifft den Langenloiser Winzer das Dilemma naturgemäß auch: Schließlich produziert er 600.000 Flaschen pro Jahr und ist damit einer größten Produzenten hierzulande. Die Erderwärmung liest er übrigens schon heute an den Reben ab. In Österreich ist es seit 1880 um fast zwei Grad wärmer geworden, global 0,9 Grad. “Den Grünen Veltliner ernten wir heute um vier Wochen früher als in meiner Jugend”, sagte Bründlmayer, der Klimaschutz-Maßnahmen fordert. So hält er etwa die Einführung einer CO2-Steuer “extrem sinnvoll”. In Österreich werde Arbeit zu stark belastet und CO2 zu wenig. Dass Österreich die von der EU geforderte Reduktion um 36 Prozent bis 2030 schafft, daran zweifeln die Experten.
Auswegsszenario Waldviertel
Bründlmayer zieht bereits Konsequenzen und weicht bei Neupflanzungen auf höhere Lagen aus. “In den wärmeren Lagen haben wir begonnen, hitzeresistentere Rotweinsorten anzupflanzen, die sind dankbar für mehr Wärme.” Wer jetzt glaubt, die Winzer sollen einfach ihre Sorten umstellen. Ganz so einfach ist die Sache nicht, sagt Josef Glatt, Direktor des österreichischen Weinbauverbandes. “Der Weingarten ist eine langlebige Kultur, die steht 40 bis 50 Jahre.” Bründlmayer plädiert da langfristig eher für eine Verlegung des Anbaugebietes, wenn es gar nicht mehr anders geht. Im Auge hat er dabei auch schon eines: Das Waldviertel. „Arm in Arm mit der niederösterreichischen Verwaltung können wir es schaffen, dass man mit dem Grünen Veltliner in nördlichere Zonen ausweicht. Wir haben ja noch das Waldviertel. Damit können wir langfristig auch in kühlere Klimazonen ausweichen.“
Der grüne Veltliner
Die in Niederösterreich am weitesten verbreitete Traube wird außerhalb ihrer Heimat wenig angebaut, abgesehen von einigen kleineren Regionen, etwa in Tschechien, der Slowakei oder Ungarn. Sie gedeiht besonders gut auf Lössböden, wie im nördlichen Weinviertel, wo die Rebe in Boden und Klima optimale Voraussetzungen findet, ebenso in der Wachau, im Kamptal und am Wagram. Etwa 18.800 Hektar beträgt die Anbaufläche weltweit, fast 15.000 Hektar sind in Österreich.