Die Angst vor dem Billig-Rindfleisch aus Südamerika kann aller Wahrscheinlichkeit nach ad acta gelegt werden. Denn Österreich kippt das EU-Mercosur Abkommen.

Die europäische Tür bleibt, so wie es jetzt aussieht, verschlossen für die Gouchos und ihre Rinder. ©Panthermedia

Dem Pakt mit Südamerika einen Riegel vorschieben. Das haben sich viele gewünscht. Jetzt ist es passiert. Wie? Das ging so: Der EU-Unterausschuss im heimischen Nationalrat hat gestern gegen Mercosur votiert. Damit geht ein verpflichtendes Nein auch auf EU-Ebene einher. Mit dem Njet Österreichs ist dann aber die Einstimmigkeit des EU-Rats nicht mehr gegeben, die es braucht, um das Abkommen durchzuwinken. Somit ist es sozusagen gegessen. Wer hat den SPÖ-Antrag gegen Mercusor unterstützt? Alle Parteien außer den Neos. Die sind dafür, wollten aber Nachverhandlungen, da es aus ihrer Sicht nur so möglich ist, explizite Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die festgelegten Produktions- und Umweltstandards zu schaffen. Wer war hierzulande überhaupt für das Abkommen? Die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer, die NEOS und der ÖVP-Wirtschaftsbund. Ihnen gegenüber standen die Umweltschutzorganisationen, der österreichische Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer.

Den Bauernbund freut’s, die NGOs auch

Bauernbund-Präsident Georg Strasser freut sich über den Schulterschluss gegen das Handelsabkommen und für die heimische Landwirtschaft. “Der Hausverstand hat am Ende gesiegt”, zeigte er sich zufrieden und verwies noch einmal darauf, dass die österreichischen Bauern wesentlich umweltschonender produzieren würden, als die Agrarindustrie in Südamerika. Ein Kilo Rindfleisch aus Österreich habe einen CO2-Rucksack von 14 Kilogramm, ein Kilo südamerikanisches Rindfleisch verursache hingegen 80 Kilo CO2-Emissionen. “Diesen Unterschied zugunsten österreichischer Rinderbauern müssen wir wertschätzen, anstatt den Markt mit zusätzlichen Fleischimporten zu überfluten”, so Strasser. Nun seien die Verbraucher gefragt: “Heimisch kaufen und Klima schonen”. Jens Karg, Handels- und Landwirtschaftsexperte von Greenpeace sieht im Nein einen Kampagnen-Erfolg der eigenen NGO und ist geradezu euphorisch:

“Österreich stemmt sich mit dem heutigen Beschluss gegen ein Abkommen, das die industrielle Agrarproduktion mit Massentierhaltung und Monokulturen fördert, bei dem die regionale kleinbäuerliche Landwirtschaft auf beiden Seiten das Nachsehen hätte, und das als Brandbeschleuniger für den Regenwald wirkt.”

Die nächste Hürde des Mercosur-Deals ist der Rat der EU. Hier muss die Vereinbarung wie erwähnt einstimmig verabschiedet werden. Das bedeutet, dass die Stimme eines einzelnen Mitgliedstaats gegen das Abkommen das Ende für EU-Mercosur bedeutet. Dieses Zünglein an der Waage dürfte Österreich sein.

Warum dürfte?

Weil die aktuelle Übergangsregierung das geforderte Veto vermutlich nicht mehr einlegen wird können. Die Abstimmung im EU-Rat wird derzeit Mitte 2020 erwartet. Da hat Österreich, so alles gut geht, aber schon eine neue Regierung. Gilt der gestrige Beschluss für die dann überhaupt? “Das ist strittig”, meint Werner Zögernitz dazu. Zögernitz ist Leiter des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen (ÖVP) und meint, dass es dazu unterschiedliche Ansätze gibt, ein künftiger Minister aber gut beraten wäre, den Beschluss umzusetzen. Und wenn nicht? Dann droht, was wir schon kennen: Ein Misstrauensantrag. Die andere Option ist, dass der nächste Nationalrat einen anderen Beschluss fasst. Mit seiner Ablehnung steht Österreich übrigens nicht alleine da. Frankreichs Regierungssprecherin Sibith Ndiaye sagte bereits im Juli, ihr Land sei derzeit nicht bereit, das Abkommen zu ratifizieren. Und Irland hat ebenfalls bereits mit einem Veto gedroht, wen Brasilien sich nicht stärker für den Schutz des Regenwalds einsetzt. Und was, wenn es entgegen aller Vorzeichen doch noch zu einem einstimmigen Ja im EU-Rat kommt? Dann müssen noch das EU-Parlament und alle nationalen Parlamente den Text ratifizieren, damit er in Kraft treten kann.

Wer oder was ist Mercosur genau? Unser Artikel beantwortet alle Fragen dazu: Schlechter Kuhhandel?