Wollen wir das Klima erträglich halten, müssen wir den Fleischkonsum bis 2050 halbieren, sagt der neue Weltklimarat-Bericht. Ob das funktioniert, ist fraglich.

Ob es den Menschen gelingen wird, ihren Fleischkonsum zu halbieren? Das ist sehr fraglich. ©Panthermedia

Früher war alles besser. Gut, vielleicht nicht alles, aber manches. So haben wir 1961 beispielsweise nur die Hälfte von dem Fleisch gegessen, das wir heute vertilgen. Und nur die Hälfte Pflanzenöl verbraucht. Auch bei den Kalorien war man restriktiver unterwegs. Heute werden im Schnitt für jeden Menschen rund ein Drittel mehr Kalorien in Form von Nahrungsmitteln hergestellt. Das sind nur einige der Kernaussagen des gerade publizierten Sonderberichts des Weltklimarates (IPCC). Wer jetzt meint, das ist eh schon harter Tobak, der wird gleich Augen machen. Wir essen und produzieren nämlich nicht nur mehr, wir schmeißen auch mehr weg. In Zahlen gehen zur Zeit 25 bis 30 Prozent aller Nahrungsmittel verloren oder werden verschwendet. Seit 1970 ist dieser Anteil den Angaben zufolge um rund 40 Prozent gestiegen. Wobei nicht überall auf der Welt gleich viel weggeworfen wird. Ganz oben stehen die reichen Ländern Europas und Nordamerikas. Jährlich wandern da 95 bis 115 Kilogramm Lebensmittel pro Kopf in den Müll. In den afrikanischen Subsahara-Staaten und in Asien bringen es die Menschen dagegen nur auf elf Kilogramm pro Kopf. Dass dieser Verlust auch ein bisserl was kostet, liegt auf der Hand. Die UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) spricht pro Jahr von fast 890 Milliarden Euro. Abgesehen davon trägt die Verschwendung rund acht Prozent zur ohnehin schon schlechten CO2-Bilanz bei. Schuld daran? Sind die Änderungen des Konsumverhaltens. Das schlägt sich übrigens auch noch in rund zwei Milliarden übergewichtigen oder fettleibigen Erwachsenen nieder. Denen stehen allerdings schätzungsweise 821 Millionen unterernährte Menschen gegenüber.

Mit 1,5 Grad ist es sich nicht ausgegangen

Die einzigen Bad News sind das allerdings nicht. Da ist etwa die Sache mit den Trockengebieten. Von 1961 bis 2013 ist der Anteil der Gebiete, die von Dürren betroffen sind, global im Schnitt um etwas mehr als ein Prozent pro Jahr gestiegen. Und auch die Lufttemperatur ist nicht mehr dort, wo sie einmal war. Um 1,53 Grad ist die mittlere Lufttemperatur seit dem vorindustriellen Zeitalter (1850 bis 1900) bis zum Zeitraum 2006 bis 2015 gestiegen. Zählt man Ozeane und Land zusammen, dann stieg sie in diesem Zeitraum im Schnitt um 0,87 Grad.

Jedes Jahr verschwinden Tropenwälder von der Größe Sri Lankas, weil der Mensch neue Anbauflächen für eine exportorientierte Agrarindustrie schafft.

Im Amazonas-Regenwald und auch in der Cerrado-Savanne im Südosten Brasiliens werden riesige Wälder vernichtet, die zuerst als Weideland und anschließend als Sojafelder genutzt werden. Die Vegetation in Asien, Europa, Südamerika, dem mittleren Nordamerika sowie Südostaustralien ist nach Satellitenbeobachtungen in den vergangen drei Dekaden grüner geworden. Warum? Weil es dort eine größere Masse an Photosynthese treibenden Pflanzen gibt. Die Gründe dafür sind längere Vegetationsperioden und die landwirtschaftliche Bearbeitung von Flächen. Anderswo träumt man vom Grün nur mehr. Im nördlichen Eurasien, Teilen Nordamerikas, Zentralasiens und dem Kongobecken ist das Wasser knapp, die Vegetation braun.

Die Klimakrise ist eine Krise der Nahrungsmittelproduktion

Wer erzählt, dass der Klimawandel  nichts mit der Nahrungsmittelproduktion zu tun hat, der lügt. So viel ist klar. “Wir essen die Erde buchstäblich krank – vor allem der enorme Fleischkonsum und der damit einhergehende Futtermittelbedarf in Westeuropa und Nordamerika führt zur massiven Abholzung von Wäldern”, sagt Jens Karg, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich. Für ihn zeigt der IPCC-Bericht sehr klar: “Die Art und Weise, wie wir Nahrung produzieren, zerstört unsere Umwelt und lässt das Klima kollabieren. Immer größere Flächen unseres Planeten werden nicht dafür verwendet, gesunde und umweltfreundliche Lebensmittel für uns Menschen zu produzieren, sondern um Tierfutter für stetig weiter wachsende Fleischfabriken bereit zu stellen.”

Knapp über ein Viertel der globalen Landfläche unseres Planeten wird laut IPCC-Bericht als Weideland oder für den Anbau von Tierfutter genutzt. Auch für die Fleischproduktion in Österreich werden pro Jahr über 500.000 Tonnen Soja aus Übersee importiert, für die oft wichtige Wälder abgeholzt werden.

Tatsächlich war die Landwirtschaft, Forstwirtschaft und andere Landnutzung von 2007 bis 2016 für 23 Prozent der gesamten vom Menschen verursachten Netto-Ausstöße von Treibhausgasen verantwortlich. Beim Kohlendioxid waren es rund 13 Prozent, beim Methan 44 Prozent. Für Österreich hat das Umweltbundesamt übrigens kürzlich in seiner Nahzeitprognose errechnet, dass der Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen 2018 bei 10 Prozent lag. Wie es weiter geht? Es wird mehr Hitzeperioden geben. In der Mittelmeerregion sowie im südlichen Afrika sind häufigere Dürren vorprogrammiert, in anderen Regionen extreme Regenfälle. Die 107 IPCC-Forscher finden dazu klare Worte: “Die Stabilität des Nahrungsmittelangebotes wird voraussichtlich sinken.” Kein Wunder: Derzeit bewegen wir uns auf eine Erwärmung um drei bis vier Grad Celsius zu.

Wie können wir gegensteuern?

Weil der Klimawandel sich nicht an die Menschheit anpassen wird, müssen wir es, um ihn abzuschwächen. Konkret heißt das, es muss Änderungen im Ernährungssystem geben – von der Nahrungsmittelproduktion bis zum Verbrauch. Die Wälder und nicht zuletzt die Moore müssen besser geschützt werden und in Sachen Landnutzung heißt es radikal umdenken. Auf Morgen verschieben geht nicht mehr. Um die wachsende Erdbevölkerung dauerhaft zu ernähren und zugleich das Klima zu schützen, müsse die internationale Gemeinschaft sofort handeln, sagt der Weltklimarat. Ohne die Ausbeutung von Land, die Lebensmittelverschwendung und die CO2- Belastung  zu reduzieren geht die Erde kaputt. Was heißt das für den Einzelnen? Wer sich ausgewogen pflanzenbasiert und mit nachhaltig produzierten tierischen Produkten ernährt und keine Lebensmittel verschwendet, kann seinen Teil zur Rettung beitragen. Eine wesentliche Stellschraube wird die Fleischproduktion sein. Experte Karg sagt: “Nur wenn wir unseren Fleischkonsum weltweit bis 2050 halbieren, können wir den Anstieg der globalen Temperatur um mehr als 1,5 Grad noch aufhalten.”