Die üblichen Öle überlässt er anderen. Franz Hartl widmet sich in Klosterneuburg allem voran eigenwilligem Rohmaterial wie Bucheckern oder Tomatenkernen.

Franz Hartl bei der nicht gerade unanstrengenden Bucheckern-Ernte © C. Mavric

Die Mama war’s. Who else? Es sind immer die Mamas. Die von Franz Hartl hat ihm erzählt, dass man früher nach dem Krieg in den Wald Bucheckern sammeln ging, um daraus Öl pressen zu lassen. Das traf sich insofern gut, als der Sohn, der früher mal T-Mobile Pressesprecher war, seit 2003 Ölproduzent ist. Und sich mit Vorliebe all dem Ausgangsmaterial widmet, das auf den ersten Blick eher semi-geeignet zum pressen scheint. Von daher sei er neugierig geworden. Und ist Hartl erst neugierig, ist das schon die halbe Miete. Das war 2011 und da kaufte er im ersten Versuch Bucheckern von den Bayrischen Staatsforsten. Er granulierte den Rohstoff, röstete ihn schonend und verarbeitete ihn mit der Stempelpresse zu Öl. Was raus kam, war goldgelb, und hatte Potenzial. “Angenehm nussig, mit wald- und leichten Honignoten – ohne der Süße”, sagt Hartl, der diesen Geschmack so noch in keinem anderen Öl gefunden hat. Was man damit tut? Nun, es kann quasi eh alles, von der Verfeinerung von Suppen bis hin zum Einsatz in Pilz- und Nudelgerichten oder bei Desserts. Und tatsächlich hat das gut lagerfähige Bucheckernöl in Mittel- und Nordeuropa auch schon eine lange Tradition – vor allem in Notzeiten griff man darauf zurück: “Meines Wissens gab es früher Ölmühlen, die nur Bucheckernöl gepresst haben”, erzählt der Ölproduzent. Erst vor zwei Jahren habe er von einer erfahren: “Deren Presse ist im nördlichen Mähren in einem Heimatmuseum ausgestellt.”

So sehen sie aus, die Bucheckern – jeweils zwei kleine Nüsschen sitzen in einem Fruchtbecher. © C. Mavric

Jetzt gibt es natürlich auch heimische Bucheckern. Auf die zurückzugreifen, schien Hartl noch erstrebenswerter. Deshalb suchte er zwecks Sammlung den Kontakt zu den österreichischen Bundesforsten. Dazu muss man wissen, dass es die Sammlung in sich hat. Die Früchte der Rotbuche  hängen in 30 Meter Höhe und ein Baum muss erst einmal zwischen 40 und 80 Jahre alt werden, damit er überhaupt welche produziert. Die jeweils zwei Nüsse, die in einem Fruchtbecher sitzen, sind zudem eher Nüsschen – nur circa eineinhalb Zentimeter groß. Die Bundesforste waren jedenfalls durchaus angetan von der Idee. Doch ernten wie die deutschen Nachbarn tun sie nicht – da wird das für die jeweiligen Baumschulen gemacht. “Deshalb war es notwendig über eine eigene ‚Ernte‘ nachzudenken”, erzählt Hartl. Ort, Zeit, Dauer, Arbeitseinsatz, Transportmöglichkeiten, Trocknung und Sortierung wurden geklärt. Das Rennen machte schließlich Alland im Wienerwald: “Dort haben wir,  zeitlich begrenzt, eine Fläche für die Ernte pachten dürfen.”

Über Mastjahre und Absitzen

Zwischen September und Ende Oktober schritt man zur Tat, spannte Netze – um sicher zu gehen, keine alten und verschimmelten Bucheckern dabei haben, holte die Bucheckern ein, trocknete und sortierte sie, röstete sie und verarbeitete sie mit der Stempelpresse zu Öl, das dann nach zwei Wochen “absitzen” in Flaschen gefüllt wurde. Einen Schwachpunkt gab es allerdings. Die Ernte war weniger, als die bisherigen Erfahrungen und das intensive “Mastjahr” erwarten ließen, weil der Sommer so niederschlagsarm war.

Um keine verschimmelten Bucheckern zu ernten, wurden Netze gespannt. © C. Mavric

Die rund 4.000 Quadratmeter an Netzen haben nur knapp 200 Kilogramm an Bucheckern mit weniger Fettgehalt als üblich eingebracht. Dass am Ende lediglich knapp dreißig Liter Bucheckernöl übrig blieb, schlug sich dann auch im Preis von knapp zwanzig Euro für ein kleines Fläschchen nieder. Wer sich jetzt noch eines gönnen will, der muss sich tummeln, denn Ölproduzent Hartl sagt: “Ich bin bis auf wenige Flaschen ausverkauft.” Nachschub? Wird es heuer keinen geben. “Bei den Rotbuchen gibt es im Schnitt nur alle 5-7 Jahre die sogenannten ‚Mastjahre‘, in denen sehr viele Bucheckern vorkommen. Nur dann ist es sinnvoll zu ernten.”

Tomatenkernrecycling und mehr

Glücklicherweise ist das Bucheckernöl nicht Hartls einziges innovatives Öl. Da wäre beispielsweise das Marillenkernöl, das Weichselkernöl oder aber das Bio Fit Öl, das er gerade auf den Markt gebracht hat: “Ein Wellness-Öl-Cuvee aus Walnüssen, Mandeln, Traubenkernen, Leinsamen und Weichselkernen mit höherem Omega-3-Fettsäuregehalt und natürlichem Vitamin E.” Von den Ölen, die bereits am Markt sind? “Finde ich das Öl aus Tomatenkernen besonders gelungen, weil es ausgezeichnet schmeckt und weltweit jährlich viele Millionen Tomatenkerne einfach weggeworfen werden”, sagt der Ölmacher. Dessen Ursprung sind Tomatenkerne und Tomatenschalen, das Endergebnis ist orangefarben und hat das feine Aroma sonnengetrockneter Tomaten. Aber auch hier gilt, der Weg dahin ist ein steiniger. Denn die Schalen, die für Farbe und Geschmack sorgen, verstopfen gern die Anlage. Und: „Der Teufel liegt im Detail, jede Tomatensorte besitzt einen Anteil an extrem bitteren Kernen, die das Öl sofort zerstören können”, resümiert Hartl.  Der einzige Betrieb, der Tomatenkerne nicht nur pressbar liefert, sondern auch frei von bitteren Kernen, der wird deshalb bis auf weiteres geheim bleiben.

http://www.hartls-oele.at