Huhn, oder nicht Huhn?
Hühnerfleisch ist gesund, enthält hochwertiges Protein, Zink, Kalium, Vitamin B und es ist fettarm. Soweit so gut, aber müssen es Hybridhühner sein?

“Nicht nur Menschen mögen Kräuter, auch Hühner können damit so einiges anfangen. Und das wirkt sich auf die Fleischqualität aus.” Karina und Johannes Roßmann. ©️Karina und Johannes Roßmann
Wir essen gerne Huhn und essen auch immer mehr davon während der Fleischkonsum in Österreich insgesamt abnimmt. Gut ist, dass die meisten heimischen Hühnerställe eher kleine sind und Bauernfamilien gehören. Die meisten österreichischen Mäster bewirtschaften Ackerflächen und halten auch andere Tiere. In den vergangenen Jahrzehnten sind jedoch auch in Österreich die Hühnerbauern gewachsen. Um von der Mast leben zu können, brauchen heutige Bauern viel mehr Hühner als ihre Eltern und Großeltern. Während in den Ländern mit der weltweit größten Hühnerfleischproduktion Betriebe mit 100.000 Tieren keine Seltenheit sind, gehören in Österreich Bauern mit 40.000 Hühnern zu den größeren. Der größte heimische Mastbetrieb hat übrigens 200.000 Tiere. Die Verarbeitungsbetriebe stehen dabei im Wettbewerb mit Ländern, in denen Tierschutzgesetze und Sozialstandards nicht vergleichbar sind. Ein Beispiel: Österreichische Bauern dürfen 30 Kilo an Hühnern pro Quadratmeter halten, Bauern im EU-Ausland je nach nationalen Gesetzen und Ausnahmeregelungen 33 bis 42 Kilo. Das sorgt für mehr Platz pro Huhn, aber auch für klare wirtschaftliche Nachteile. Der Weltmarkt ist derselbe, die Spielregeln andere. Davon betroffen ist vor allem verarbeitetes Fleisch.

Wildkräuterhühner©️Karina und Johannes Roßmann
Woher kommen denn die Masthühner
“Ross 308” heißen die Masthühner, die auf Österreichs konventionellen Bauernhöfen aufwachsen. Gezüchtet werden sie vom internationale Zuchtunternehmen Aviagen, der diese Masthühner in 130 Länder verkauft. Für “Ross 308” gibt es ein 132-seitiges Handbuch. Es beschreibt, was der Bauer füttern soll, welche Stalleinrichtung die Tiere brauchen, wie sie gesund bleiben und wie man sie einfängt. Das Zuchtunternehmen Aviagen gibt auf Anfrage von Land schafft Leben drei Hauptziele der Züchtung an. Je ein Drittel würden “Gesundheit und Wohlergehen”, “Mastleistung und Umweltauswirkung” und ein Drittel “Robustheit und Fruchtbarkeit” ausmachen. Tierschutzorganisationen weisen auf gesundheitliche Probleme durch die schnelle Gewichtszunahme hin. “Die Masthühner wurden darauf gezüchtet, möglichst schnell viel Fleisch anzusetzen, besonders im Brustbereich, weil dieser so beliebt ist”, sagt Hanna Zedlacher von Vier Pfoten. Ihr Gangbild erinnere “eher an Enten als an Hühner.” Die genetische Veranlagung der Hühner führt laut Zedlacher so weit, dass sich die Tiere am Ende der Mast kaum mehr bewegen.
Auch Bio verwendet Hybridrassen
Bio-Bauern setzen zum Großteil auf eine Rasse, deren Hühner weniger als 40 Gramm pro Tag zunehmen und als langsam wachsende Rasse anerkannt ist. Auch sie wird von einem internationalen Unternehmen gezüchtet. Zwei Linien des Typs “JA” kommen für die erwerbsmäßige Bio-Mast in Österreich in Frage, eine braune und eine weiße. Das langsameren Wachstum hat klare Vorteile. Die Knochen können besser nachkommen und auch auf den Geschmack hat es klare, positive Auswirkungen.

Weidehendln leben am Biohof Mascherbauer, einem typisch Mühlviertler Vierseithof. ©️Biohof Mascherbauer
Huhn vom Bauern
Es gibt aber auch Rassen, die nicht für den Weltmarkt gezüchtet werden. Ein Beispiel ist das Sulmtaler Huhn, eine Zweinutzungsrasse, eine regionale Spezialität, die in Freilandhaltung aufgezogen wird. Martina Glatzl, ehemalige Obfrau des Anerkannten Geflügelgesundheitsdienstes, meint: “Das sind Haustierrassen und Liebhabertiere, die an eine konventionelle Produktion nicht herankommen.” Ein weiteres Beispiel: Am Hof von Karina und Johannes Rossman wachsen Wildkräuterhühner, also eine langsam wachsende Rasse, die mit hochwertigen naturbelassenen Getreide und mit wertvollen Wildkräutern gefüttert wird. “Die Hühner haben bei uns Zeit zu wachsen, dadurch ist das Fleisch kompakter, saftiger und einzigartiger im Geschmack. Nachhaltigkeit ist uns persönlich sehr wichtig, wir wollen den Boden gut erhalten – unserer Natur und Gesundheit zu Liebe!“ Das Bio-Weidehendl vom Biohof Mascherbauer ist dunkler als von herkömmlichen Masthühnern, zart und aromatisch und hat einen typischen Eigengeschmack. Es gibt einen geringeren Bratverlust aufgrund der vielen Bewegung und der speziellen Fütterung. Durch viel Platz im Stall und der Möglichkeit zur Weidenutzung, sowie durch eine extensive Fütterung mit heimischen Biokomponenten, ist das Fleisch des Weidehendl von ganz besonderer Qualität. Die Frage Huhn – oder nicht Huhn beantworten wir ganz klar mit natürlich Huhn! Aber bitte mit Herkunft.
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