Wacholder zwischen Genuss und Hausmittel
In der Küche, zum Räuchern, im Gin, im Schnaps, in der Naturheilkunde, …, haben Wacholderbeeren einen fixen Platz. Wacholder ist ein unscheinbares Multitalent.

Wacholderbeeren ©Canva
„Die Beeren wirken verdauungsregulierend, desinfizierend und keimtötend. Daher sind sie ein ideales Gewürz für schwer verdauliche Speisen wie Wild- oder Lammbraten, Speck und Sauerkraut,“ erzählt „Kräuterengel“ Christine Buchegger im Buch „Kräuterwissen aus dem Lammertal“. Dass Wacholder aber auch bei Schnupfen, Husten oder Nebenhöhlen-Entzündungen Erleichtung bringen kann ist wohl kaum noch bekannt. Wie das geht? Man inhaliert mit einem Gesichtsdampfbad aus Salbei- und Thymianblätter, Salz und zerdrückten Wacholderbeeren. Wacholder gilt zudem als der „Weihrauch des Nordens“. Wenn früher jemand daheim starb wurde das Zimmer mit Wacholderbeeren und -zweigen ausgeräuchert, weil der Rauch reinigend wirkt. Bei den germanischen Völkern galt Wacholder als heiliger Lebensbaum. Neben seiner medizinischen Wirkung lag das vermutlich daran, dass es sich um eine immergrüne Pflanze handelt, deren Nadeln im Winter aus dem Schnee leuchten.
Was im Wacholer steckt
Wacholderschnapserl selbst gemacht
- 20 Wacholderbeeren
- 100 g Zucker
- 1 l Kornschnaps
Alles vermischen und diesen Ansatz ca. 6 Wochen lang am Fenster (hell) stehen lassen und regelmäßig schütteln. Danach die Beeren abfiltern und den Schnaps in eine dunkle Flasche füllen.
Rezept aus dem Buch “Kräuterwissen aus dem Lammertal” von Christine Fröschl.
Langkettigen Zuckerverbindungen, Gerbstoffen und die ätherischen Öle der Wacholderbeeren sind von therapeutischem Nutzen. Wacholderbeerenöl enthält die Wirkstoffe Terpinen-4-ol, alpha-Pinen, Sabinen und Mycren, die eine direkte Wirkung auf die glatte Muskulatur der inneren Organe haben. Durch Anregung der Durchblutung entkrampfen sie die Muskulatur von Darm, Magen und Gallenblase und lindern auf diese Weise Verdauungsbeschwerden. Daher kommt wohl auch das Spruch: “Wacholderschnaps räumt den Bauch auf”. Auch werden ihm positive Effekte auf dyspeptische Beschwerden zugeschrieben. Unter diesem Begriff werden unter anderem die Beschwerden des Reizmagen-Syndroms zusammengefasst. Wahrscheinlich ist das alpha-Pinen im Wacholderbeerenöl für den beruhigenden Effekt auf die Darmmuskulatur verantwortlich. Wacholder wirkt auch leicht entwässernd und wird daher bei Erkrankungen der Harnwege eingesetzt. Im Rahmen einer Studie der Süleyman-Demirel-Universität und der Universität Sakarya (Türkei) wurde der Einfluss von Wacholderbeerenöl auf überschießendes Cholesterin im Körper untersucht und zwar an Albinoratten mit einem Gewicht von 200 bis 250 Gramm. Es zeigte sich, dass das Wacholderöl einem Anstieg des Cholesterins entgegenwirkte.
Äußerliche Anwendung
Das mit der Durchblutung der Muskulatur funktioniert natürlich auch bei äußerlicher Anwendung. Hier entfaltet das ätherische Öl alpha-Pinen seine hautreizenden Eigenschaften. Die Durchblutung wird angeregt. Diesem Effekt schreiben einige Experten eine positive schmerzlindernde Wirkung bei rheumatischen Beschwerden und Gelenkschmerzen zu. Wacholder kann auch durch die Förderung der Durchblutung das Haarwachstum fördern. Ein Effekt, den sich Iris Lehner von Goldglocke bei ihrem Shampoo-Bar „Wacholder“ zu Nutzen macht. Wurzers Genuss- und Erlebnishof wiederum kreieren mit Wacholderöl einen entspannenden Saunaduft. Von VielSeifig aus Altenmarkt im Pongau gibt es, nach altem Rezept, einen Wacholder Extrakt zur Unterstützend bei Verdauungsproblemen, Bronchitis, Husten, Kurzatmigkeit, Magen/Darm/Blasenentzündung, Blähungen, Arthritis, Rheuma, Gicht, Ischias und um das Immunsystem zu stärken.
Wacholder ist Genuss
„Unsere Gedanken beim harzigen Oxymel Wacholder führen uns auf direktem Wege an die Cocktailbar,“ hört man von der Wiener Bezirksimkerei. Bei Sonnberg Biofleisch wird ein zartes Stück vom Schweinebauch nach dem einsalzen mit Wacholderbeeren verfeinert und bei ca. 70°C über Buchenholz mild geräuchert. Im Dirndl Haus in Perchtoldsdorf schwört man auf die Dirndlsoße Wacholder, die wunderbar sämig, dickflüssig ist und Braten aller Art liebt. Sie hat eine tiefrote Dirndlfarbe und den vollen Geschmack der Dirndl mit einer feinen Wacholdernote. Wenn wir über Wacholder und Genuss sprechen, darf Gin nicht fehlen oder auch NoGin, ein alkoholfreies Wacholdergetränk der LoRe Cocktailmanufaktur. Und das mit dem Gin ist eine eigenen Geschichte.