Vom Stellenwert und der Wertschöpfung
“Alois Selker (Genossenschaft Pramoleum) ganz persönlich” über die landwirtschaftliche Urproduktion und ihren Stellenwert in der Wertschöpfung.

Alois Selker, Pramoleum
Wir erzeugen als Bauern zum größten Teil Urprodukte oder Rohstoffe, die eine weitere Verarbeitung brauchen, bevor sie im Supermarkt-Regal angeboten werden können. Und das bringt mich zu einigen Fragen, die mich als Landwirt sehr beschäftigen: Warum schaut es so aus, als ob wir Bauern, als Erzeuger der Urprodukte, das schwächste Glied der Nahrungskette sind? Warum scheint es, als ob wir die vorgegebenen Preise pro Erzeugungseinheit hinnehmen müssen, während die restlichen Glieder der Kette das anders handhaben können? Warum kämpfen wir ums Überleben, schaffen es zum Teil nicht mal die nötigen Produktionskosten zu decken, von den Fixkosten gar nicht zu reden? Warum ist die Zukunft der Bauernhöfe aus wirtschaftlichen Gründen so dermaßen in Gefahr? Worin unterscheiden sich die Bedingungen und Handlungsweisen der anderen Glieder in unserer Nahrungskette von jener der Bauernschaft?
Lauter große Fragen für mich – die Antworten darauf kann ich nur teilweise aus Erfahrungen und Erlebnissen berichten, der andere Teil sind reine Vermutungen:
Wir als Produzenten sind es gewohnt und gezwungen, langfristig zu denken. Unsere Investitionen brauchen viele Jahre und Jahrzehnte bis eine Amortisierung eintritt. Unsere Rohstoffe brauchen mindestens ein ganzes Jahr, bis sie verkaufsfähig sind. Bis ich als Rinderbauer aus einem Kalb eine Kuh großgezogen habe, die Milch gibt, braucht es sogar mehr als zwei Jahre. Vom Kalb bis zum verkaufsfertigen Maststier etwas weniger als zwei Jahre.
Außerdem müssen wir unsere Produktion in Abhängigkeit der Natur bzw. dem Risiko von Naturkatastrophen schaffen. Wenn eine Überschwemmung kommt, eine Dürre eintritt oder der Hagel drüber geht, ist dieser Teil des Jahresumsatzes weg und der Kreislauf beginnt auf eine Zeitspanne von einem Jahr von vorne (ausgenommen möglicher Versicherungsleistungen zur Abfederung der Kosten).
Wenn wir heute eine Produktionsrichtung oder eine Produktentwicklung mit allen dazu nötigen Investitionen und Haftungen einschlagen, wissen wir erst in einem Jahr oder noch später, ob das funktioniert. Wenn es nicht funktioniert, haben wir unser Geld versenkt und bleiben auf den Kosten sitzen.
Und in Anbetracht alle dessen stellt sich mir jetzt die Frage: Wie kommen wir zu einer Preisbildung, mit der wir leben können und auch das Produktionsrisiko entschädigt wird? Ich glaube, was wir entlang der gesamten Wertschöpfung brauchen, damit sich was ändert, ist einmal eine Kommunikation auf Augenhöhe. Wir sollten uns bewusst machen, dass wir uns gegenseitig brauchen. Der Produzent braucht die Vertriebsplattform und die Vertriebsplattform braucht den Produzenten, die Verarbeitungsbetriebe in der Mitte brauchen ebenso beides. Alle drei Glieder in der Kette – Rohstoff-Erzeugung, Verarbeitung und Vertrieb – brauchen einander. In welcher Struktur, das ist schon wieder eine andere Geschichte.
Wusstest Du?
Um einen Liter Kürbiskernöl zu bekommen braucht man ca. 2,5 kg Kürbiskerne. Das ist der Ertrag von 25-30 Kürbisköpfen. Die Kürbiskernanzahl eines einzelnen Kürbis hängt auch davon ab, wie fleißig die Insekten bei der Bestäubung waren. Bei schönem Wetter fliegen viele Bienen und Hummeln auf die Blüten, sammeln Nektar und bestäuben so die Blüten und der Kornertrag ist hoch!
Über den Autor: Alois Selker ist Geschäftsführer von Pramoleum. Die Genossenschaft besteht aus fünf Mitgliedsbetrieben aus der Region Pramtal im Innviertel. In der Rubrik “Alois Selker ganz persönlich” schreibt er über aktuelle Themen der Landwirtschaft.