Kein Weihnachtsfrieden
Ein Teil der heimischen Biobauern hat gerade schlaflose Nächte. Denn wer keine Weidemöglichkeit hat, für den ist das Biobauern-Dasein ab 2020 quasi vorbei.
Mitte November gab es für 18.000 österreichische Bio-Betriebe mit Tierhaltung das blaue Brieferl von der EU. Was darin stand? Dass ab 2020 die Ausnahmen bei der Weidehaltung komplett gestrichen werden. Laut EU-Kommission haben die nationalen Behörden die EU-Bio-Verordnung nämlich “zu lax” ausgelegt. Ab 1. Jänner 2020 geht das nicht mehr durch. Wer keine Weide hat, für den ist es vorbei mit dem Biobauern-Dasein. Hält man dann nämlich hierzulande Rinder, Schafe, Ziegen oder Pferde, muss man ihnen zwingend Zugang zu einer Weide verschaffen. Bisher wurde das in Österreich nicht ganz so eng gesehen. War die nächste Wiese mehr als 200 Meter entfernt, oder die Überquerung von Straßen und Bahnübergängen nötig, konnten die betroffenen Landwirte eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen. Dazu sagt die EU jetzt njet.
Wie viele Biobauern werden das Handtuch werfen?
Der Branchenverband Bio Austria sagt: “Es kann derzeit keine seriöse Abschätzung der Zahl an Betrieben vorgenommen werden, die möglicherweise die verschärften Regelungen nicht umsetzen können.” Das tatsächliche Ausmaß des Dilemmas wird sich wohl erst mit Beginn der Weidesaison im April oder Mai zeigen. Wie viele Biobauern überhaupt betroffen sind? Grünen-Agrarsprecher Georg Kaltschmid spricht von 2.000 bis 3.000. Solche Zahlen seien spekulativ, sagen andere Vertreter der Biobauernschaft.
Worum geht es eigentlich?
Es geht um die Bio-EU-Verordnung 2015, die während der Amtszeit von Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) beschlossen wurde. Österreich hat diese Verordnung in der Amtszeit von Ex-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) im Sinne der heimischen Biobauern interpretiert und gesetzliche Ausnahmeregelungen geschaffen – etwa die Befreiung von der Weidepflicht.
Die strenge Weideauslegung ist allerdings nicht die einzige Änderung, die das neue Jahr mit sich bringt. Wenngleich sie die größte Empörung hervorruft. Wie etwa bei Josef Hechenberger, dem Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol. Der sprach aus, was viele denken: Dass es eine stärkere Differenzierung braucht.
“Der kleine Betrieb im Berggebiet kann nicht dieselben Auflagen wie die Agrarfabrik in einer Gunstlage erfüllen.”
Was ändert sich noch? Die Überdachung von Auslaufflächen – es dürfen nur mehr 75 Prozent überdacht sein und nicht, wie bisher, 90 Prozent. Und es braucht eine notwendige einzelbetriebliche Genehmigung bei Enthornung und beim Kupieren von Tieren.