Kurkuma und Ingwer gibt es jetzt auch aus heimischer Bio-Produktion. Ob die Exoten bei uns eine glorreiche Zukunft haben werden, das weiß Christoph Mick.

Michael Pilsel und Christoph Mick teilen ihre Liebe zu Rhizomen mit Günther Achleitner vom gleichnamigen Biohof.

900.000 Tonnen Ingwerwurzeln und rund 800.000 Tonnen Kurkuma werden im Jahr weltweit produziert. Je 300 Kilogramm in Bioqualität kamen Ende 2018 zum ersten Mal aus Europa. Genauer gesagt aus Österreich. Die Burgenländer Michael Pilsel und Christoph Mick von Veganis haben es geschafft, die eigentlich in den Tropen und Subtropen beiheimateten Scharfmacher so zu hegen und zu pflegen, dass ihre Arbeit im Seewinkel Früchte, Pardon Wurzelstöcke (Rhizome), trug. Dazu hat es mehrere Jahre Testphase und die Unterstützung eines Pflanzenbauberaters gebraucht. 300 Kilogramm, das mag wenig klingen, aber hier herrschen auch nicht die klimatischen Bedingungen wie in Nigeria und Indien – den größten Ingwer- und Kurkumaproduzenten.

Unter zehn frostfreien Monaten geht gar nichts

Also heißt es ein bisschen tricksen, um hierzulande überhaupt eine Ernte einzufahren. “Es braucht in erster Linie Wärme”, sagt Mick, der für den Anbau und die Vermarktung verantwortlich ist, und fügt hinzu “etwa zehn frostfreie Monate, um den Ingwer von der Jungpflanze bis zur Ernte zu kultivieren. Kurkuma hat eine etwas geringere Kulturdauer.” Gut, diese Bedingungen erfüllt der Seewinkel mit mit im Schitt 2.000 Sonnenstunden an 300 Tagen im Jahr quasi mühelos. Doch dann ist da noch die hohe Luftfeuchtigkeit, die beide Kulturen aus ihren tropischen Heimatgefilden kennen. Die nachzuahmen, das  geht im Freiland nicht. Micks Rhizome wachsen deshalb in Folientunneln: “Dort lässt sich die Luftfeuchtigkeit steuern.”

 

Am Beginn steht aber das Glashaus, in dem die Pflanzen vor dem Aussetzen gezogen werden. Das passiert im Jänner. Bald ist es wieder soweit. Wurzelstöcke werden dazu aufgeschnitten und bei den so genannten “Augen” treiben die Pflanzen dann aus. “Im Glashaus bleiben sie, bis die klimatischen Bedingungen draußen passen, will heißen, es stabil warm ist und man nicht mehr mit einem Kälteeinbruch rechnen muss. ” Pi mal Daumen wird das vor Mai nichts – selbst Hobbygärtner kennen und fürchten ja die Spätfröste des Aprils.

Das Ernten ist echte Handarbeit

Dann geht es ans Wachsen. Und das dürfen die Kulturen, so lange es geht. 2018 war das dank des langen, warmen Herbstes bis November. Ja, der Klimawandel komme den Exoten entgegen, sagt Mick. Geerntet wird vor dem ersten Frost. Bis dann legen die Rhizome noch an Gewicht zu und beim Kurkuma wird  zudem der begehrte, entzündungshemmende Wirkstoff Curcimin vom grünen Teil in die Knolle eingelagert. Erst dieser Prozess gibt dem Kurkuma die typisch orange Farbe. Der Ertrag pro Pflanze? “Ist bei beiden Arten ziemlich ähnlich, was wir nicht unbedingt erwartet hätten. Wobei ein Jahr Anbau hier auch noch nicht aussagekräftig ist”, erläutert Mick.

Was man sagen kann ist, dass aus einem Rhizom mehrere Jungpflanzen entstehen und sich die Ausgangsware, aus der die Pflanzen gezogen werden, lediglich im Kilobereich bewegt.  Dennoch, sagt Mick, muss man bei Spezialkulturen, immer abwägen, ob es auf Sicht sinnvoll ist, sie in Österreich zu produzieren. Maschinell sei man nicht ausgerüstet für solche Produkte: “Es gibt keine Maschine, die setzt, die die Ernte der kleinen, zum Teil weit verzweigten und verschmutzten Rhizome wäscht oder verpackt.” Sprich, jeder Arbeitsschritt in Österreich ist reine Handarbeit. Das kostet natürlich Geld und weil auch die Erträge nicht so hoch sind, wie in den typischen Anbaugebieten, kommt dann ein im ersten Augenblick hoch wirkender Preis zustande.

Der überirdische Teil der Pflanzen kann bis zu zwei Meter groß werden, das macht die Ernte von Hand schwierig.

Beliebter Ingwer

Die frischen, deutlich helleren Knollen haben geschmacklich wenig mit der getrockneten, oft fasrigen, Import-Ware zu tun haben. Neben kurzem Transport und biologischem Anbau punkten sie mit angenehm milder, wohltuender Schärfe und lassen sich auch roh aufgeschnitten genießen. Grundsätzlich wird Ingwer wegen seiner angenehme Schärfe gerne für die Herstellung von Chutney oder auch für Liköre verwendet.

 

Über Veganis: Veganis ist ein 2011 gegründeter, im burgenländischen Seewinkel beheimateter Betrieb, der biologisches Gemüse, Kartoffel und Zwiebel produziert und vermarktet. Geleitet wird er von Michael Pilsel und Christoph Mick. Pilsel bringt Erfahrung im Bereich Einkauf/Verkauf von Obst und Gemüse ein, Mick das gärtnerische Wissen.

http://www.veganis.at

http://www.biohof.at

Info der Redaktion: Zeitgleich zum Veganis-Versuch startete 2018 im Seewinkel  auch ein konventioneller Versuch, Ingwer anzubauen. Die der Erzeugergemeinschaft Seewinkler Sommergemüse zugehörigen Gemüsebauern Claudia und Gerald Kern pflanzten in St. Andrä am Zicksee auf einer Fläche von rund 3.400 Quadratmetern Setzlinge in Freiland sowie im Folientunnel. Eine genaue Erntemenge wurde nicht genannt, gesprochen wurde von 500-1.000 Kilogramm. Vermarktet wurde der Ingwer im Handel (Merkur, Billa, Adeg) und im LGV-Gärtnergschäftl in der Wiener Kettenbrückengasse. www.sonnengemuese.at