Die heimischen Rübenbauern haben eine Notfallzulassung erwirkt, dank der sie 2019 wieder eine Gruppe bienengefährdender Neonicotinoide einsetzen können.

Die Bienen haben kein leichtes Los. Und daran wird sich hierzulande auch im nächsten Jahr nichts ändern. Denn in Nieder- und Oberösterreich sowie der Steiermark dürfen Rübenbauern abermals eine Gruppe von Insektiziden anwenden, die die nützlichen Bestäuberinnen gefährdet und in der EU eigentlich verboten ist. Möglich macht das eine Notfallzulassung durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES). Als Gründe für die Entscheidung werden die heurigen starken Ernteausfälle genannt, die durch den Rübenrüsselkäfer verursacht wurden. Für den erneuten Einsatz hatten sich auch die drei Landesregierungen stark gemacht.

Neonicotinoide dürfen in der EU nicht eingesetzt werden

Naturgemäß gibt es dazu auch eine Vorgeschichte: Seit April 2018 ist die Anwendung von drei Arten der so genannten Neonicotinoide im Freien in der EU verboten, weil sie Bienenbestände massiv gefährden – in Glashäusern aber weiter erlaubt. Der Beschluss war mit der nötigen Zwei-Drittel Mehrheit im Verwaltungsausschuß der Kommission erfolgt. Mit Jahresende hätte das Verbot in Kraft treten sollen.

Im Mai wurden als Notfallsmaßnahme Mais und Blühflächen als Alternative bei Schäden zugelassen BNMT/P.Huber

Österreich hatte zwar dafür gestimmt, die NGOs gejubelt, aber Bundesministerin Köstinger hatte schon im Frühjahr auch davon gesprochen, dass das Verbot die Rübenbauern in “eine schwierige Situation” bringe. Und die wiederum hatten ihrerseits erklärt, der Anbau von Zuckerrüben sei durch den Beschluss “massiv gefährdet” und das Verbot bedeute 400 Euro Mehraufwand pro Hektar für einen Landwirt. 5.000 Rübenbauern gibt es in Österreich, die nicht nur mit dem Zucker-Preisverfall und dem Rüsselkäfer, sondern auch mit dem Moosknopfkäfer, dem Erdfloh, der Rübenfliege und der Rübenblattlaus kämpfen.

Und was machen Neonicotinoide eigentlich?

Die synthetisch hergestellten Insektizide greifen die Nervenzellen von Insekten an, lähmen Wild- und Honigbienen oder töten sie. Das ist mittlerweile bestens wissenschaftlich belegt. Am besten untersucht sind die Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid. Eine Forschergruppe um den Neurobiologen Randolf Menzel zeigten etwa, dass Bienen sich, auch wenn sie überleben, vorher erlernte Düfte vergessen und dadurch kaum mehr navigieren und interagieren können. Zudem leidet auch die Fortpflanzungsfähigkeit unter den Neonicotioden, was wiederum die Bestände reduziert. Bei Hummeln,  auch das belegen Studien, hemmt der Einsatz die Vibration der Flügel. Das schränkt ihr typisches Brummen ein und führt dazu, dass weniger Pollen aus den Blüten geschüttelt werden. Am Ende des Tages sammeln die Tiere weniger Nahrung und bestäuben weniger. Eine britische Studie wies zudem nach, dass sich die Zahl der eierlegenden Königinnen durch Neonics um ein Viertel reduziert.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Rübensamen werden in den nächsten Wochen von den Saatgutanbietern mit den Neonics gebeizt – erlaubt wurden je ein Produkt mit dem Wirkstoff Thiamehoxam, eines mit Clothianidin und eines  mit Imidacloprid – Die Notfallzulassung gilt für 120 Tage und soll von einem Bienenmonitoring begleitet werden.  Und was sagen die NGOs zur aktuellen Entscheidung? Mit diesem Schritt habe die Ministerin klar gestellt, dass die im Regierungsprogramm enthaltenen Ankündigungen zum Insektenschutz kaum mehr als Lippenbekenntnisse sind, so Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker von Global 2000. Die NGO lässt nun prüfen, ob die Entscheidung überhaupt rechtskonform ist. Man werde “gegebenenfalls juristisch gegen diese Notfallzulassung vorgehen”. Man darf gespannt sein, wie dieser Battle endet. Derweil verschreiben sich übrigens die österreichischen Kartoffelbauern einem sehr ähnlichen Kampf. Sie wollen das nicht weniger umstrittende Pestizid Mocap 15 G mit dem Wirkstoff Ethoprophos gegen den Drahtwurm wieder anwenden. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat bereits zugesagt, sich dafür einzusetzen.