Der erste Juni ist nicht nur Weltmilchtag, sondern auch Weltbauerntag. Das ist doch ein Grund zu feiern, oder wie sehen das die Bauern und die Kühe?

Bäuerin und Kühe

Gerlinde Rauter bewirtschaftet den Bio-Wiesenmilch Betrieb “Frühauf” mit 40 Kühen. Sie setzt auf Qualität und artgerechte Haltung. ©Andrea Knura

Es ist 5 Uhr früh, und wie jeden Tag warten die Kühe auf Österreichs Bauernhöfen darauf, gemolken zu werden. Ihnen ist es vollkommen egal, ob Weltmilchtag oder Weltbauerntag ist. Und damit muss es auch dem Bauern und der Bäuerin egal sein. An ihrem Tagesablauf ändert sich gar nichts. Feiertag hin oder her. Dass es einen Weltbauerntag gibt, ist an den meisten Bauern, der Politik und sogar im Internet fast spurlos vorübergegangen. Viel ist nicht zu finden im www.

Der 1. Juni ist der Weltbauerntag, der weltweit seit 2000 gefeiert wird, um auf die wichtige Arbeit von Bauern hinzuweisen und daran zu erinnern, dass Bauern weltweit für die Erzeugung von Lebensmitteln sorgen. 2000 wurde der Weltbauerntag erstmals veranstaltet und 2002 von der UNO bzw. der UNESCO als internationaler Aktionstag ausgerufen.

Der deutsche Agraringenieur Willi Kremer-Schillings, alias Bauer Willi, wundert sich ebenfalls:. „Das war´s. Mehr nicht. Es ist also ein Gedenktag. Wird an diesem Tag irgendwo irgendetwas stattfinden? Werden sich die Staats- und Regierungschefs irgendwo treffen und kluge Reden halten? Werden die Nachrichten berichten? Wohl kaum. Dieser Tag wird vorbeigehen, ohne das jemand groß Notiz davon nimmt. Wie halt bei anderen Gedenktagen auch. Es interessiert keine Sau.

Einer bedankt sich

Klaus Lindinger, Abgeordneter zum Nationalrat, anlässlich des heutigen Weltbauerntages. „Unsere bäuerliche Landwirtschaft schafft Arbeitsplätze, sichert die Nahrungsmittelversorgung und liefert Produkte von höchster Qualität. Gerade deshalb setzen wir uns auch dafür ein, dass heimische Lebensmittel in öffentlichen Kantinen bevorzugt werden, um einerseits unsere Landwirte zu unterstützen und andererseits, aufgrund der verkürzten Lieferwege, einen Beitrag für den Schutz des Klimas zu leisten. Unsere Bauern sind diejenigen, die dafür sorgen, dass wir in Österreich jederzeit einen gut gedeckten Tisch haben können.“ Und in diesem Punkt können wir Lindinger nur zustimmen.

Wiesenmilch Sujet - Kuh, Zuge, Klee

Bio-Wiesenmilch geht bereits einen nachhaltigen Weg für Tier und Mensch. ©Bio-Wiesenmilch

Wie sieht’s bei den Milchbauern aus?

Immer mehr kleine Milchbauern geben auf. Die Zahl der Milchbauern ging 2019 um rund 3,7 Prozent auf 25.608 zurück. Im Jahr vor dem EU-Beitritt Österreichs (1994) hatte es noch knapp 82.000 Milchbauern in Österreich gegeben. Auf die Frage, warum das so ist, gibt es eine klare Antwort. Die Landwirtschaft ist auf Masse und Ertrag (Stichwort Hochleistungslandwirtschaft) ausgerichtet. Es geht ganz klar um Leistung, also um Milchleistung. Die durchschnittliche Lebensleistung einer Kuh in Österreich liegt bei rund 28.000 Liter Milch bzw. bei durchschnittlich 20 Liter Frischmilch pro Tag – Hochleistungskühe geben jedoch 60 Liter und mehr, das wiederum geht nur mit Kraftfutter und “Ausbeutung”.

Kleine Milchbauern können nur überleben, wenn die Milch als Lebensmittel wieder mehr Wert wird. Für viele wäre eine Staffelung des Milchpreises eine denkbare Lösung. Derzeit zahlen die Molkereien, je nach Qualität und bio oder konventionell, zwischen 35 und 50 Cent pro Liter (37,21 ct/kg  = Durchschnitt aller Qualitäten und Inhaltsstoffe. Wert AMA), egal wie viel Milch der Bauer liefert. Gäbe es beispielsweise mehr für die ersten 100.000 Liter und dann weniger, könnte man die kleinen Landwirte stützen. Zu dem Thema wird es wohl noch viele und lange Diskussionen geben, viele Milchbauern werden in der Zwischenzeit aufgeben, die Almen nicht mehr bewirtschaftet werden, Grünland wird verwalden und Milch wird es dann nur noch von internationalen Hochleistungskühen geben, … 

Denken wir daran: Mit jedem Liter Milch, und jedem heimischen landwirtschaftlichen Produkt das wir kaufen, treffen wir eine Entscheidung für die Zukunft. Und die sieht noch gut aus. Dank unserer Bauern.

Buchtipp: Die Wegwerfkuh

In „Die Wegwerfkuh“ beschreibt die Bauerntochter und Journalistin Tanja Busse zwar vor allem die deutsche Landwirtschaft. Vorarlberg ist aber keine Insel und die Regale sind voll mit Produkten aus dem gesamten EU-Raum. Auch bei uns haben längst Milchpreise, Ansichten, Nutztierrassen, Zuchtpraktiken, landwirtschaftliche Maschinen, Chemikalien und Produktionsmethoden Einzug gehalten, die vielen unserer Ökosysteme und einer Mehrzahl der Bauernfamilien nicht gut tun.

2015 erschienen, leider aktueller denn je.

Paperback , Klappenbroschur, 288 Seiten, 13,5 x 20,6 cm, 2 s/w Abbildungen
ISBN: 978-3-89667-538-5