Besonders in Preisdruck und verändertem Kundenverhalten sehen die Weinhersteller die größten Herausforderungen für die kommenden Monate.

Frau mit Glas Wein vor dem Computer

Foto: FH Burgenland

Basierend auf den Ergebnissen einer Online-Befragung analysierte das Department Wirtschaft der Fachhochschule Burgenland im ersten Österreichischen Weinwirtschaftsbericht die Einschätzung von 266 österreichischen Weinbaubetrieben zur aktuellen Lage und Tendenzen in der Weinbranche. Vor allem gelang es damit, die Auswirkungen der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Veränderungen und Schwierigkeiten für Weinbaubetriebe sichtbar zu machen.

An der Befragung nahmen 148 Betriebe aus Niederösterreich, 73 aus dem Burgenland, 37 aus der Steiermark, fünf aus Wien und zwei aus „Rest-Österreich“ teil. „Das ist die erste Umfrage in dieser Art und Größenordnung“, erklären die Studienautoren Bettina König, Christian Pfeiffer und Marcus Wieschhoff von der FH Burgenland. „Wir möchten mit unseren Ergebnissen nicht zuletzt eine für unser Land so wichtige Branche in den Fokus rücken. Die Auswirkungen der Pandemie auf den heimischen Weinsektor sind selbstverständlich enorm.“

Eine regelmäßige Durchführung vergleichbarer Studien sei auch für die Zukunft geplant. „Auch die Auswirkung anderer Entwicklungen wie etwa dem Klimawandel oder einer Wirtschaftskrise auf die Weinbranche lassen sich damit darstellen.“

Neues Absatzpotenzial im Online Vertrieb

84 Prozent der Betriebe verkaufen ihre Weine direkt über die Gastronomie an den Weinkonsumenten – nach dem Ab-Hof-Verkauf (97 Prozent) der am häufigsten genutzte Vertriebskanal. „Diese starke Abhängigkeit von der Vertriebsschiene Gastronomie wirkt sich während des Covid-19-Lockdowns besonders stark auf die Absatzmöglichkeiten der Weinhersteller aus“, erläutert Marcus Wieschhoff, Studiengangsleiter des Masterstudiengangs Internationales Weinmarketing an der FH Burgenland.

Auch für die in der Studie befragten Weinbaubetriebe stellt nach wie vor der Ab-Hof-Verkauf die wichtigste Vertriebsschiene dar – hier werden 42 Prozent der Menge abgesetzt. Gerade aber der Absatz über diese Vertriebsschiene war zu Zeiten des Lockdowns ebenso unterbunden wie der Weinabsatz über die Gastronomie. Vielmehr wurden Absatzkanäle wie der Online- oder der stationäre Lebensmitteleinzelhandel von Konsumenten für den Weinkauf im letzten halben Jahr vermehrt genutzt.

Beide Vertriebsschienen werden vom Großteil der heimischen Winzer aber noch nicht voll ausgeschöpft. 45 Prozent der befragten Weinhersteller setzten im ersten Halbjahr 2020 keine Menge über den Online-Handel ab und nur fünf Prozent ihrer Absatzmenge kam über den Lebensmitteleinzelhandel zum Endkonsumenten – eine Vertriebsschiene, die von österreichischen Weinkonsumenten in den letzten Jahren verstärkt wahrgenommen wird.

Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten

Die Geschäftslage und damit einhergehend die Absatzmenge wurden für das erste Halbjahr 2020 von mehr als drei Fünftel der Betriebe als schlechter eingestuft als im Vorjahreszeitraum. Interessant stellt sich aber die Tatsache dar, dass sich dies – nach Einschätzungen der befragten Betriebe – kaum auf die Preislage auswirken wird. 65 Prozent der teilnehmenden Weinhersteller schätzen die Absatzpreise mit als „saisonüblich“ ein. Erwartet wurde von mehr als der Hälfte aller Betriebe zum Zeitpunkt der Befragung jedoch auch ein höherer Lagerstand als im Vergleichszeitraum des ersten Halbjahres.

In der Befragung wurde weiters nach aktuellen Herausforderungen gefragt. Auch hier ist das prägende Thema Covid-19 – zum einen wird es als unmittelbare Belastung genannt, zum anderen ist es eine Ursache für weitere Hürden und Probleme. So wird das Erschließen neuer Absatzmöglichkeiten von 70 Betrieben noch vor dem Preisdruck (63 Betriebe) als dominierende Herausforderung gesehen. Beide Themen werden durch Corona verstärkt.

Neben generell steigenden Kosten hat Covid-19 zu zusätzlichen Belastungen geführt. So entstehen Kosten durch die Einrichtung von Webshops, durch zusätzliche Rabattaktionen und durch die Beschaffung von Schutzausrüstung wie Masken und Desinfektionsmitteln. 27 Betriebe berichten von Schwierigkeiten bei der Personalsituation durch Grenzschließungen und Hygieneauflagen. Der Klimawandel wird mit 32 Nennungen als ähnlich wichtig wie ein hoher Lagerbestand und steigende Kosten bewertet.

Unterm Strich

Die heimischen Winzer haben auf die aktuelle Situation reagiert: Viele Betriebe haben ihre Aktivitäten im Online-Verkauf verstärkt, eine ganze Reihe von Betrieben hat einen neuen Webshop eingerichtet. Um ausbleibende Umsätze aus Gastronomie und Fachhandel zu kompensieren, wurden verstärkt Rabatte gewährt oder die Lieferkosten bei Online-Bestellungen erlassen.

Weiters sind viele Betriebe ganz neue Wege im Bereich der Verkaufsförderung mit dem Angebot von virtuellen Verkostungen gegangen.