Orange ist die vierte Weinfarbe – das Pendant zu Rosé, also Weißweintrauben, die wie Rotwein mitsamt den Schalen vergoren werden. Das Zauberwort lautet Tannin.

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Der Begriff Orange Wine wird oft assoziiert mit einem freakigen Weintrend und die meisten wissen nicht genau, was nun eigentlich alles Orange Wine ist. Oft erfolgt eine Vermischung mit Naturweinen oder oxidativ ausgebauten Weinen oder ungeschwefelten Weinen oder sonstigen experimentellen Weinen, bei denen bei einigen Stellschrauben der konventionellen Vinifikation neue oder meist ehemalige Praktiken angewandt werden. Um Naturwein zu erklären, könnte man ein Buch füllen, über oxidativ ausgebaute Weine sind schon viele Bücher geschrieben, aber Orange Wine lässt sich in einem Satz erklären:

„Weine aus Weißweintrauben, die wie Rotweine auf der Maische vergoren wurden.“

Farbkräftige Weißweine mit orangem, rotem oder dunkelgelbem Farbton. Die Farbe hängt von der Rebsorte ab und ein Orange Wine kann auch aromatische Sortentypizität und eine saubere Frucht haben, wenn er nicht zu oxidativ ausgebaut wird. Das wesentliche Merkmal ist das Tannin, das den Weißweinen mehr Struktur und Spannung verleiht – und das selbst bei geringen analytischen Säurewerten!

Wie schmeckt guter Orange Wine?

Die fruchtigen Aromakomponenten fallen dezenter aus, dafür aber eine Spur vielschichtiger. Das Aromenspektrum geht mehr in Richtung Gewürze und Kräuter. Wesentlich bei den maischevergorenen Weißweinen ist jedoch die kräftige Struktur und die dichtere Mundfülle. Sie haben – wenn man so sagen will – Tannine wie Rotweine, welche, wenn sie reif sind, dem Wein mehr Textur, Druck und Länge verleihen. Zudem kann durch die Gerbsäure der Wein lebendiger und straffer wirken. In Südfrankreich, dem neuzeitlichen Ursprungsland von maischevergorenen Weißweinen ging es eher darum den säurearmen warmen Weißweinen mehr Lebendigkeit und Struktur zu verleihen.

All das macht Orangeweine zu ausgezeichneten Speisebegleitern, welche zudem mit Stabilität im Glas und Langlebigkeit punkten können.

Gelungene Orangeweine strotzen vor würziger Aromenvielfalt gepaart mit einer aparten Fruchtigkeit nach Bratäpfeln, Birnen, Nüssen, Karamell, Feigen, Datteln, getrockneten Früchten, Bergamotte, Kletzenbrot, Zesten aller Art und vieles mehr. Der intensive Geschmack bleibt auch am Gaumen sehr lange haften, ohne aufdringlich zu wirken. Sie behalten ihre Aromatik sehr lange im Glas und reifen auch in der Flasche ausgesprochen langsam. Und das faszinierendste ist die Stabilität einer geöffneten Flasche im Kühlschrank, welche über Monate hinweg Freude bereitet, wenn es sich um einen hochwertigen Orange Wine handelt.

Bei Aromasorten wie Traminer, Muskateller und Sauvignon Blanc bleibt die Sortentypizität gut schmeckbar. Ganz besonders beim Traminer wird das oft aufdringliche Rosenparfüm auf eine dezente edle Art reduziert und von süßen Aranzini unterlegt. Auch der Pfeffer des Grünen Veltliner bleibt und geht nicht hin, wo er wächst. Neutralere Sorten wie Welschriesling und die Burgundersorten profitieren sogar von dieser Verarbeitung und danken es mit komplexen Aromen. Sorten wie Gewürztraminer oder Grauburgunder bestechen zudem mit einem manchmal trüben, aber farbkräftigen namensgebenden Orangerot.

Also: Wann ist ein Wein ein Orange Wine?

Muss ein Orange Wine Farbe bekennen? Auch wenn „Orange Wine“ korrekterweise als die 4. Weinfarbe bezeichnet wird, darf die Einstufung eines Weines als Orange Wine nicht nur aufgrund oranger Farbtöne getroffen werden. Orange Reflexe können auch vom oxidativen Ausbau, von Verzicht auf Schwefel, von Botrytis, von der Alterung des Weines, oder ganz zu schweigen von zu viel Lichtkontakt der Flasche herrühren. Diese in das Korsett von Orange Wine pressen zu wollen, würde dem Ansehen dieser Weinkategorie schaden. Andererseits können Orangeweine je nach Rebsorte auch mit einem kräftigen Gelb oder Goldgrün ohne jegliche Orange- oder Brauntöne brillieren.

“Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken!”

So der Leitsatz von Johannes Fiala von Weinkreativ. Er ist Weinliebhaber, Weinsammler, Weinakademiker, Weinjuror, Weinkenner des Jahres, Weinjournalist, Degustationsmeister, Weinmarketer, Weinhändler und Weinkreateur. Seine Leidenschaft und sein Wissen über Wein speziell im Bereich der Weinerkennung und Qualitätsbeurteilung gibt er im Rahmen von Weinseminaren, Weinreisen und Weinkreationen an interessierte Weinfreunde weitergeben.