Eine Gans braucht ein gefülltes Innenleben. Die Gründe dafür tischen wir Ihnen im Hinblick auf das alljährliche Martiniganslessen am 11. November hiermit auf.

Gänse aus artgerechter Weidehaltung am Weidehof am Windenegg im Südburgenland. ©Andrea Knura

Einmal im Jahr, also zum Festtag des Heiligen Martin am 11. November, gibt es eine Gans. Das hat auch in unserer Familie Tradition. Als Kind wusste ich das Gänsefleisch zugegeben nicht zu schätzen. Das dieses fettarm, mit niedrigem Bratverlust und deshalb besonders schmackhaft, zudem auf eine glückliche Gans mit viel Auslauf hinwies, davon wusste ich damals noch nichts. Dennoch ist mir dieses Ganslessen in guter kulinarischer Erinnerung. Schließlich gab es da ja noch die Beilagen wie Blaukraut und Knödel sowie die grandiose Fülle, von der es meiner Meinung nach immer zu wenig gab.

Warum füllt man eine Gans?

Einmal ausgenommen, so ganz ohne Innereien, ohne Leber, Herz und Nierchen klafft da ja ein ziemlich großer Leerraum. Vielleicht ist der Ausdruck des „horror vaccui“, also der Angst vor dem Leeren, wie er in vielen Bereichen unseres Lebens – in der Kunst, der Architektur oder im Städtebau – thematisiert wird, ja auch ein in der Küche auftretendes Phänomen. Wie ein Maler beispielsweise alle leeren Flächen mit Darstellungen oder Ornamenten verzieren möchte, haben auch wir den Drang, so manche Speise, die in küchenfertigem Zustand einen Hohlraum aufweist, zu füllen. Und so eine mit einem ansehnlichen Hohlraum ausgestattete Gans ins nun einmal ein zum Füllen äußerst einladendes kulinarisches Objekt.

Geschmack und Saftigkeit 

Abseits dieser philosophischen Betrachtungsweise, trägt die Fülle natürlich zum lukullischen Erlebnis bei. Sie sorgt für einen besonderen Geschmack und für Abwechslung. Ein weiteres Argument, das für eine Füllung spricht, ist von küchentechnischer Natur. Damit der geflügelte Braten nach einer doch sehr beträchtlichen Zeit im Rohr nicht von innen heraus austrocknet, wird er mit allerlei Zutaten gestopft. Ganz klassisch ist die Mischung aus Brot und Äpfeln, Zwiebel und Speck. Das dunkle Gänsefleisch kann ein wenig fruchtige Säure der Äpfel sehr gut vertragen. Für eine Gans in herbstlicher Ausfertigung eignen sich aber auch Maroni, Pilze, Nüsse, Trockenfrüchte oder Kürbis besonders gut. 

Wandelbar – weihnachtliche, italienische oder orientalische Gans

Klein geschnittene Dörrzwetschgen beispielsweise, Kräuter aus der Provence und eine Brise Zimt machen die Gans zu einer weihnachtlichen. Wir „flattern“ mit ihr kulinarisch gesehen aber auch über die Grenzen. Mit einer Füllung aus Knoblauch, Rosmarin, Pinienkernen, getrockneten Tomaten und ein wenig Weißbrot geht es nach Bella Italia. Datteln, Feigen, Orangen, Mandeln, Zimt und etwas Sternanis zaubern uns Ganslesser ins Reich von Tausend und eine Nacht. Der Kreativität sind bei der Beseitigung des „horror vaccui“ keine Grenzen gesetzt. Auch Innereien oder Räucherspeck oder sogar Knödelteig können für ein kräftiges Innenleben sorgen. „Gans“ leicht und frühlingshaft ist so ein Gans wenn sich Kerbel, Kresse, Bärlauch oder frischer Spargel in der Füllung befinden.

Die Gans hat ihr eigenes Kraut

Auf jeden Fall ist Brot prädestiniert sich im Innern einer Gans wiederzufinden. Es quillt nicht nur und saugt den Saft auf, es harmoniert auch geschmacklich mit dem Gänsefleisch. Das liegt vielleicht auch daran, dass sich Gänse von Getreide ernähren. Die Gans hat sogar ihr eigenes Kraut zum Würzen – das Gänsekraut. Besser bekannt unter dem Namen Beifuß ist es in Kombination mit Majoran das klassische Gewürzkraut der Gans. Für eine eher fette und schwer verdauliche Speise wie den Gänsebraten ist dieses Gewürz mit dem leicht bitteren Geschmack der passende Begleiter, regt es doch die Verdauungssäfte und den Gallenfluss an. Der unscheinbare Beifuß war früher einmal die Mutter aller Heilkräuter und wurde schon in der Antike als eine der kraftvollsten Heilpflanze verehrt.

Gefühlvoll Füllen

Mit der Fülle sollten Sie übrigens genauso sacht umgehen wie mit der Gans. Bloss kein brutales Reinstopfen, damit die Säfte nicht austreten. Locker einfüllen und dann am Ende die Häute über die Fülle klappen. Aus übrig gebliebener Fülle kann dem große Vogel auf dem Blech oder im Bräter „ein Bett“ bereitet werden, auf das man ihn dann aufsetzt. 

Mit gutem Gewissen – Weidegänse aus Österreich

Auch wenn die Füllung eine wichtige Rolle spielt, Hauptakteur ist immer noch die Gans. Und wenn diese keine wunderschöne Freilandgans aus Österreich ist, dann kann auch die beste Fülle nicht viel ausrichten. Leider stammen noch immer mehr als drei Viertel der in Österreich verspeisten Gänse aus Käfighaltung oder intensiver Bodenhaltung – vielfach aus Ungarn.

Dagegen leben die Tiere bei unseren heimischen Bauern einfach richtig artgerecht. Auf der Weide gibt es viel Platz und Bewegung an der frische Luft und natürlich gibt es auch Wasser zum Grundeln. Das Federvieh zupft frisches Gras von den Wiesen und wird nur mit Hafer und Gerste aus regionaler, biologischer Erzeugung gefüttert. Das bringt die Gänse ordentlich zum Schnattern, macht sie weniger fett aber dafür ist ihr Fleisch fester, saftiger und aromatischer. Das Ganslessen zu Martini ist ein schöner Brauch – die Verantwortung den Tieren gegenüber dürfen wir aber niemals Vergessen.

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Leider sind die Weidegänse für Martini bei unseren Produzenten auf bauernladen.at so gut wie ausverkauft, für Weihnachten gibt es aber noch Schlachttermine. Und noch ein Tipp: Bestellen Sie Ihre Weidegans schon jetzt für nächstes Jahr. Damit Sie garantiert eine Gans bekommen und unsere Produzenten besser planen können.