Sieben von zehn bäuerlichen Betrieben werden in der EU von Männern geführt, die meisten von über 65jährigen. Aber: Die Frauen holen auf.

Junge, innovative landwirtschaftliche Betriebsleiterinnen unter 40? Findet man in der EU neun Prozent. © Panthermedia

Es ist ein nicht weg zu diskutierendes Faktum. Der landwirtschaftliche Bereich ist in Europa noch immer eine Domäne der reifen Männer. Die neuesten Eurostat-Daten, die heute bekannt gegeben wurden, belegen das eindrücklich. Aber: immerhin bereits 28 Prozent aller Betriebe in der EU werden von Frauen geführt. Österreich liegt mit 31 Prozent  noch etwas höher. Damit nehmen wir Platz sechs aller 28 EU-Staaten ein. Die meisten Chefinnen, sprich Betriebsleiterinnen, haben Bauernhöfe in Lettland und Littauen. Dort liegt man mit 45 Prozent bereits fast bei halbe-halbe. Es folgen Rumänien  mit 34 Prozent, Estland mit 33 Prozent, Italien mit 32 Prozent. Danach kommt Österreich.

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Die Negativliste wird von den Niederlanden angeführt. Dort gibt es nur fünf Prozent weibliche Führungskräfte auf Bauernhöfen. Nicht viel besser liegt Malta mit sechs Prozent. Und auch die Dänen mit acht Prozent und Nachbar Deutschland mit zehn Prozent haben großen Nachholbedarf. Laut früheren Eurostat Daten gab es 2016 gesamt 70.000 weibliche Landwirte hierzulande – das entspricht einem Frauenanteil von 43,1 Prozent im Agrarbereich.  Der EU-Schnitt liegt übrigens bei 33,2 Prozent. Am wenigsten weibliche Landwirte gibt es mit 11 Prozent in Irland.

Domäne der über 65jährigen Männer

Doch die jetzt veröffentlichten Zahlen zeigen noch etwas: Nur mehr wenige junge Menschen fühlen sich berufen, Bauer oder Bäuerin zu werden. Aktuell dominieren die Männer ab 55 als Betriebsleiter (58 Prozent) in Europa.  Unter 40 ist nur einer von zehn männlichen Betriebsleitern (11 Prozent), jünger als 25 sind lediglich fünf Prozent. Bei den Frauen in Führungsposition sind nur neun Prozent unter 40.  Männer über 65 Jahre machen mit rund 21 Prozent auch generell den größten Anteil an Bauern in der EU aus. Bei den Bäuerinnen sieht das nicht anders aus. Da sind 12 Prozent über 65, aber nur ein Prozent unter 34 Jahren. Alle Daten stammen aus 2016, jüngere Daten gibt es bis dato noch nicht.

Der Anteil an Bauernhöfen unter weiblicher Führung, 2016, %

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Bäuerinnen sind oft Grenzüberschreiterinnen

Und wie sieht es in Sachen Gleichberechtigung aus? Nicht allzu gut, glaubt man Theresia Oedl-Wiesner von der Bundesanstalt für Bergbauernfragen. Die sagt, dass Studien zu Bäuerinnen und Betriebsleiterinnen aufzeigen, dass Frauen vielfach Grenzüberschreiterinnen auf bäuerlichen Familienbetrieben sind. “Sie arbeiten neben ihrer Verantwortung für Familie und Haushalt verstärkt in vormals männlich besetzten Bereichen und übernehmen vermehrt betriebliche Verantwortung. Die Ausweitung der Kompetenzen und Aufgabenbereiche mündet jedoch vielfach in einer zu hohen Arbeitsbelastung für die Frauen.” Hier gelte es, sagt Oedl-Wiesner, gemeinsam mit dem Partner und den übrigen Familienmitgliedern eine gezielte Work-Life-Balance zu verfolgen.” Erkennen ließen die Studienergebnisse zudem, dass sich Frauen eine stärkere Beteiligung ihrer Partner bei der Kindererziehung und bei der Pflege der Angehörigen wünschen würden. “Die Entwicklung hin zur aktiven Vaterschaft wird auch von Frauen auf bäuerlichen Familienbetrieben zusehends eingefordert.”

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