Erdbeeriger Tunnelblick
Ein Hagelunwetter hat heuer die Hälfte der Wiesener Erdbeeren vernichtet. Künftig könnten Folientunnel dafür sorgen, dass es kein solches Katastrophenszenario mehr gibt.
Heimische Erdbeerliebhaber können sich freuen. Denn das Hagelunwetter in Teilen des Bezirks Mattersburg hat zwar ordentliche Schäden auf den zarten Pflanzen hinterlassen. Doch jetzt, wo die Ernte voll angelaufen ist, kommt eine gute Nachricht aus dem Burgenland. Und die lautet: Es gibt mehr Erdbeeren, als kurz nach dem Unwetter vermutet. Gerechnet wurde mit 70 Prozent Ausfall. Nun hat es entgegen der Anfangsprognosen doch etwa die Hälfte der Erdbeeren gut überstanden. Das ist zwar immer noch ein herber Verlust, aber selbst Landwirtschaftskammerpräsident Niki Berlakovich stimmt das positiv. Dass anfangs der Eindruck entstanden sei, dass es heuer gar keine Erdbeeren mehr gibt, versteht er: “Die Situation sah dramatisch aus.” Nun gäbe es zwar starke Einbußen, “aber die Erdbeeren, die es gibt, haben Top-Qualität”.
Der Folientunnel als gute Zukunftsperspektive
Die Bauern trifft die Hälfte Ernteausfall natürlich dennoch hart. Aber wenigstens müssen die meisten nicht um ihre Existenz bangen. “Wir haben vor Jahren die Hagelversicherung ausgebaut, so dass in etwa hier in diesem Raum 90 Prozent der Betriebe versichert sind, wenn ein derartiger Schaden entsteht, dass es eine Entschädigung gibt”, sagt Berlakowich. Wie stark die Schäden nun eigentlich genau sind? Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten. Erdbeerbauer Christoph Ramhofer sagt, selbst innerhalb eines Feldes sei das oft unterschiedlich. Der heurige Ausfall macht jedenfalls eines klar: Es braucht eine zukunftsträchtige Lösung, um solche Szenarien künftig zu vermeiden. Der geschützte Anbau in Folientunneln könnte eine solche sein. Experten schätzen, dass der Anteil in zehn Jahren bereits bei 50 Prozent liegt. Die fest installierten Tunnel werden den Gewächshäusern in ihrer technischen Ausstattung immer ähnlicher, können etwa mit automatischer Lüftung ausgestattet werden. Blatt- und Fruchtkrankheiten treten seltener auf und Schädlinge können dort einfacher mit biologischen Gegenspielern, Nützlingen, bekämpft werden.
Eine Investition, die lohnt
Mit den Folientunneln sind zwar Investitionen von einem Hektarpreis von 230.000 is 250.000 Euro verbunden, sagt der Obmann der Genussregion Wiesener Ananas Erdbeeren, Michael Habeler, aber diese Anbauform bringt eine relativ hohe Sicherheit in der Produktion. Nach etwa fünf Jahren rechnet sich das Ganze dann auch. Die Punkte die seiner Meinung nach dafür sprechen sind vielfältig: Nicht nur die Ertragssicherheit ist höher, die Erdbeeren im Tunnel sind auch früher reif und die Qualität besser. Habeler weiß das, weil er selbst schon 2017 zum ersten Mal eine Ernte aus seinen vier Folientunneln eingefahren hat. Das mit der besseren Qualität aus dem Tunnel lässt sich so erklären: Dort hängen die Erdbeeren in der Luft, und nicht wie im Freiland am Boden. Dadurch werden die Früchte gleichmäßig von der Sonne bestrahlt. Und noch ein Plus bringt diese Anbauform. Auf der selben Fläche gehen sich mehr Pflanzen aus. Werden im Freiland 20.000 Pflanzen gesetzt, so sind es im Folientunnel zwischen 80.000 und 90.000. Wie lange es heuer noch burgenländische Erdbeeren geben wird? In Wiesen läuft die Ernte voraussichtlich noch bis Juni, wenn das Wetter passt. Und zu unser aller Beruhigung: Dass bei manchen der heranreifenden Erdbeeren noch Spuren des Hagels zu sehen sind, wirkt sich geschmacklich nicht aus.
Die Wiesener Ananaserdbeere Um 1870 brachten die beiden Einheimischen Hans Wolf und Hans Eckhardt die Ananas-Erdbeere nach Wiesen und pflanzten sie hier erstmals an. Die regionalen Gegebenheiten waren optimal und laut Gemeindechronik nahmen sich immer mehr Wiesener des Erdbeeranbaus an. Durch den guten Absatz am Wiener Markt gewann er rasch an Bedeutung. So sehr, dass unter der Leitung von Johann Földes zwischen 1912 und 1922 eine staatliche Erdbeerversuchsanstalt in Wiesen eingerichtet wurde. Auf einer Fläche von über einem Hektar wurden verschiedenste Ananas-Erdbeeren gepflanzt, gekreuzt und getestet. Heute gibt es in Wiesen noch rund zehn Erdbeer-Vollerwerbsbauern.