Regierung vertagt die Glyphosat-Entscheidung
In den USA ist Bayer gerade mit 9.300 Glyphosat-Klagen konfrontiert, in Österreich sieht die Koalition keinen akuten Handlungsbedarf in Sachen Verbot.
79 Millionen US-Dollar: So viel soll Dewayne Johnson von Monsanto erhalten. Johnson hatte als Schulwart das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat in Form des Mittels Roundup benutzt und leidet jetzt an Krebs. Hält das Urteil der Richterin vom Oktober 2018, wird es weitere Klagen dieser Art geben. 9.300 Kläger stehen bereits in den Startlöchern. Das betrifft insofern auch Europa, als der wichtigste Glyphosat-Hersteller seit August 2018 offiziell zur deutschen Bayer AG gehört, die jetzt Berufung einlegen will. Fast zeitgleich zu Johnsons Klage wurde eine Studie publik gemacht, die nachweist, dass Glyphosat die Darmflora von Bienen verändert und Anteil an der globalen Ausrottung von Bienenvölkern hat. In Deutschland zog die Bundesumweltministerin Svenja Schulze daraufhin die Reißleine und kündigte im November an, den Einsatz bis 2023 zu verbieten.
Und in Österreich?
Ist man uneins. Hierzulande sind aktuell 49 glyphosathaltige Herbizide zugelassen. Die andere Seite ist allerdings: Ein Viertel der Gemeinden in Österreich verzichtet bereits auf Glyphosat. Seit November 2017 dürfen zudem Milchbauern, die für Bergland-Milch, Tirol-Milch und Stainzer Milch liefern, kein Glyphosat mehr verwenden. Als Bundesland-Vorreiter präsentiert sich Kärnten. Dort ist der Einsatz auf öffentlichen Flächen seit ersten Februar 2018 verboten. Ein vollständiges Verbot hatte die EU-Kommission damals allerdings gekippt. Gestoßen hatte man sich allem voran an der Berufung Kärntens auf das Vorsorgeprinzip und das damit einhergehende Njet, die Zulassung einzelner Produkte individuell zu prüfen. Durchgekommen ist die SPÖ Kärnten dafür jetzt mit einem Verbot für Privatanwender. Ab Februar 2019 stehen 341 Pestizide für die Hobbygärtner dort auf der Verbotsliste. Weniger Zug nach vorne hat derweil der Landwirtschaftsausschuß des Nationalrates. Der hat gestern einen Antrag der SPÖ auf ein sofortiges Glyphosat-Verbot vertagt – und zwar mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS. Erstere argumentierten mit den noch ausständigen Ergebnissen einer Machbarkeitsstudie und auch die pinke Fraktion will entsprechende Bewertungen noch abwarten. SPÖ und Jetzt (ehemals Liste Pilz) sehen hingegen akuten Handlungsbedarf angesichts der “gesundheitlichen Risiken”. In die Warteschleife hängt zudem auch noch ein weiterer SPÖ-Vorstoß betreffend ein Verbot des Insektizids Chlorpyrifos, das am Nervensystem der Insekten wirkt und in Deutschland bereits seit 2009 nicht mehr vertrieben werden darf, während es in Österreich und der Schweiz noch im Acker-, Obst- und Weinbau sowie im Forst zugelassen ist.
Hier finden Sie die Glyphosat-freien Gemeinden Österreichs