Landwirtschaftskammer, Bauernbund und IGP lehnen sich gegen das Glyphosat-Verbot auf und skizzieren ein Szenario das bis zu Entsiedelung des ländlichen Raums geht.

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Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace jubeln. Bio Austria hält die Sache für sinnvoll. Christian Stockmar dagegen ist stinksauer. Der Obmann der IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP) spricht von bis zu 6,12 Millionen Euro Schaden für die heimische Landwirtschaft, den das im Nationalrat beschlossene Totalverbot von Glyphosat mit sich bringe. “Diesen Schaden tragen die heimischen Landwirte, die angesichts des landwirtschaftlichen Strukturwandels und des Preisdumpings ohnehin enorm unter Druck stehen.  Mit Glyphosat verlieren sie ein wichtiges Werkzeug zur Vermeidung von Bodenerosion, gleichzeitig haben sie mit sinkenden Erträgen zu rechnen”, setzt er nach. Und es geht noch weiter: Das beschlossene Totalverbot führe dazu, dass landwirtschaftliche Betriebe schließen, die Landflucht zunehme und die Selbstversorgung in Österreich weiter sinke. Conclusio: “Österreich droht damit der Verlust seiner Ernährungssouveränität und eine Entsiedelung des ländlichen Raums.”  Johannes Schmuckenschlager, der Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Niederösterreich, hat sich für eine andere Begrifflichkeit entschieden. Er spricht von “Purem Populismus” und einer “Allianz zur Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der österreichischen Bauern”, geht es um das beschlossene Verbot.

Immense Benachteiligung?

“Jedem Betrieb muss es möglich sein, frei entscheiden zu können, wie er produziert”, sagt  Schmuckenschlager. Halte das Verbot, das ohnehin nicht dem geltenden EU-Recht entspreche, dann werde die heimische Produktion künftig immens benachteiligt. “Der Import von Produkten aus Ländern mit niedrigeren Standards als in Österreich ist die Folge. Das wiederum schränkt die Konsumenten in ihrer Entscheidungsfreiheit ein. Sie haben dann nicht mehr die Möglichkeit, im derzeitigen Ausmaß auf heimische Lebensmittel aus der Region zuzugreifen.” Was sie dann aber ohnehin nicht mehr können werden, geht es nach Schmuckenschlagers Worst-Case-Szenario: Die gefährdete Versorgung der Konsumenten mit heimischen Lebensmitteln, die er kommen sieht. Der LK-Vertreter hat aber nicht nur das Lebensmittelregal im Visier, sondern auch den Boden Für Boden- und Erosionsschutz, die Vermeidung von Verschlemmungen und von Nährstoffauswaschung ins Grundwasser sei ein möglichst durchgängiger Bewuchs notwendig. Die Kultur, die angebaut und in weiterer Folge geerntet werde, komme in Österreich dabei mit Glyphosat nie in Kontakt. “Ohne Glyphosat muss die Bodenbearbeitung jedoch intensiviert werden. Dadurch steigt einerseits die Erosionsgefahr, wertvoller Boden wird weggeschwemmt, andererseits wird der Treibstoffverbrauch und damit der CO2-Ausstoß erhöht.”

Der Bauernbund legt nach

Der Bauernbund richtet seine Angriffe neuerdings gegen die  SPÖ, FPÖ und JETZT. Und wieder fällt der Begriff “populistisch”. Diese Parteien hätten “nichts übrig für kleinbäuerliche Interessen”, sagte Präsident Georg Strasser, der speziell die FPÖ angriff, die “nun auch ins ‘Bauernbashing’ und die Populismusschiene beim Thema Pflanzenschutz” aufgesprungen sei. Warum die Landwirtschaft Glyphosat braucht, erörterte Strasser auch: “Es geht um den Zwischenfruchtanbau nach der Winterbegrünung im Saatbeet”. Die Böden könnten das Wasser nach dem Glyphosat-Einsatz besser aufnehmen. Und das Spritzen sei ohnehin schon länger verboten. Wie geht es jetzt weiter? Offenbar auf EU-Ebene. Dort bringt der Bauernbund mittels des neuen ÖVP-Europaparlamentariers Alexander Bernhuber eine dringliche Anfrage an die Kommission ein. Die soll ein Statement zur Rechtswidrigkeit abgeben. Denn auch da setzt der Bauernbund an. Er befürchtet “eine Missachtung von Unionsrecht”.

“Bio braucht kein Glyphosat”

Völlig anders sieht man die Sache mit dem Schaden, der durch das Njet zu Glyphosat entsteht,  freilich bei Bio Austria. Dort nutzt man sowieso kein Glyphosat und auch keine anderen Herbizide oder chemisch-synthetische Mineraldünger.  Mit der mechanischen Beikrautregulierung habe man jahrzehnte lange Erfahrung, sagt Otto Gasselich, Obmann für Wien und Niederösterreich. Den Erfahrungsschatz mit der gesamten Landwirtschaft teilen? Dazu ist er jederzeit bereit. “Wir wissen aus unserer täglichen Arbeit im Biolandbau, dass es funktioniert. Und zwar sehr gut funktioniert, wie das schon 22 Prozent aller österreichischen Landwirtschaftsbetriebe zeigen. Aus der Tradition und dem Wissen des Biolandbaus heraus, kann für ganz Österreich eine Glyphosat-freie Zukunft erwachsen.” Wirtschaftlich sinnvoll? Sei der Glyphosat-Verzicht auch noch, sagt Gasselich: “Glyphosat nutzt lediglich der globalen Chemieindustrie. Während in Österreich und Europa durch den Biolandbau bereits viele innovative Unternehmen im Bereich der Beikrautregulierung entstanden sind. Mit moderne Technologien und Gerätschaften, die weder die Umwelt und die Gesundheit, noch Arbeitsplätze gefährden.”