Fünf Gramm Mikroplastik nehmen wir laut einer WWF-Studie wöchentlich zu uns. Die damit verbundenen Gefahren sind noch nicht einzuschätzen.

2000 Plastikteilchen verspeist jeder pro Woche, sagen die Forscher – das ist das Gewicht einer Kreditkarte. © Panthermedia

Haben Sie gerade Hunger? Dann nehmen Sie doch mal Ihre Kreditkarte aus der Tasche und beißen Sie herzhaft rein. Machen Sie nicht? Wer tut denn so was? Sie, ich, wir alle. Gut, das ist jetzt sinnbildlich zu verstehen. Schockierend ist es dennoch. Das Mikroplastik, das wir zu uns nehmen, macht nämlich mittlerweile das Gewicht einer Kreditkarte aus. Und zwar nicht im Jahr oder Monat. Nein, in der Woche. Herausgefunden hat das die University of Newcastle in Australien im WWF-Auftrag. Wo es herkommt? Aus Nahrungsmitteln wie Honig, Muscheln oder Fisch,  aus Abrieb in Plastikflaschen und Synthetikfasern in der Atemluft, sagt Heike Vesper, die den Meeresschutz des WWF Deutschland leitet. Schuld daran ist, dass wir immer mehr Plastik produzieren, aber nur wenig recyceln. Zahlen gibt es auch dazu: Seit dem Jahr 2000 wurde global so viel Plastik neu produziert wie in allen Jahren zuvor. Ein Drittel davon gelangt unkontrolliert in die Umwelt. Sagen wir es, wie es ist: Plastik wird gar nicht gesammelt oder wild entsorgt bzw. in unkontrollierten Deponien abgelagert.

Ob wir wollen oder nicht: Wir nehmen Plastik auf

Die Produktion neuer Kunststoffe ist seit 1950 um das 200-Fache gestiegen. Seit dem Jahr 2000 liegt die jährliche Wachstumsrate bei vier Prozent. Klingt nicht gut? Ist es auch nicht. Wenn die vorhergesagten Herstellungskapazitäten erreicht werden, könnte die Plastikproduktion bis 2030 um 40 Prozent steigen. Sie nutzen ohnehin kein Tupperware mehr und trinken aus Glasflaschen? Dann gibt es eine schlechte Nachricht für Sie.  Vesper sagt: “Wir können nicht verhindern, dass wir Plastik aufnehmen”.

Mikroplastik-Facts

  • Als Mikroplastik werden Plastikteilchen mit einem Durchmesser von 5 mm und kleiner bezeichnet.
  • Primäres Mikroplastik ist Plastik, das direkt in der kleinen Form hergestellt wird und in die Umwelt gelangen kann (z. B. Peelingpartikel im Duschgel)
  • Sekundäres Mikroplastik resultiert aus dem Zerfall größerer Plastikteile (z. B. zerfallene Plastiksackerl).
  • Rund 126 Tonnen Mikroplastik gelangen jährlich über die heimischen Waschmaschinen in die Abwässer. Schuld daran ist die Fast-Fashion-Industrie, die einen Großteil der Kleidung aus billigen Plastikfasern produziert.

Und fügt hinzu: “Mikroplastik belastet die Luft, die wir atmen, unsere Nahrung und das Wasser, das wir trinken.” Wie sich das auf die menschliche Gesundheit auswirkt, das beschäftigt derzeit noch die Forscher. Klar ist aber, wir haben ein globales Problem, das jeden von uns direkt betrifft. “Kunststoffmüll verschmutzt nicht nur Flüsse und Ozeane und schadet den Meereslebewesen, sondern ist inzwischen auch im Boden und in der Luft nachgewiesen.” 2000 Plastikteilchen verspeist jeder pro Woche – das entspricht etwa 21 Gramm pro Monat und etwas mehr als 250 Gramm Plastik im Jahr. Die größte Quelle für die Aufnahme ist Trinkwasser: Wobei Plastik weltweit in Grundwasser, Oberflächenwasser, Leitungswasser und abgefülltem Wasser gefunden wurde.  In einer Studie zu abgefülltem Wasser auf Basis einiger weltweiter Standorte wurde in allen Proben Mikroplastik nachgewiesen. Allerdings wurde in amerikanischem bzw. indischem Leitungswasser pro 500 ml zweimal mehr Fasern gefunden als in europäischem. Eine weitere Quelle sind Schalentiere, deren Verdauungssystem mitverzehrt wird. Sie machen bis zu 0,5 Gramm pro Woche aus. Über die Atemluft gelangt dagegen nur ein relativ unerheblicher Anteil Mikroplastik in den menschlichen Körper. Vesper sagt, es gibt nur einen Ausweg aus dem Dilemma. “Wenn wir kein Plastik in unserem Körper wollen, müssen wir verhindern, dass jedes Jahr Millionen Tonnen in die Natur geraten.” Dafür brauche es ein globales Abkommen gegen Plastikverschmutzung mit verbindlichen Zielen, Unternehmen, die ihrer Verantwortung gerecht werden, und Menschen, die Plastik vermeiden.