Haferflocken sind das heimische Superfood. Zu Recht. Denn es wird immer der ganze Haferkern verarbeitet, inklusive Mehlkörper, Randschichten und Keimling.

Haferflocken gelten aus das heimische Superfood. ©Canva

Unspektakulär und langweilig. Für das Auge und für den Gaumen. Nicht schlecht, aber auch nichts, wodurch wirklich Freude aufkommt. Vielleicht, auf den ersten Blick. Das liegt auch daran, dass man die Haferflocken zumeist mit gekochten Haferschleim oder Haferbrei assoziiert. Es scheint also, als hätte die gesunde Haferflocke ein Problem aus genießerischer Sicht, auch wenn sie in allerlei Produkten steckt, Müsliriegel zum Beispiel,  die wir sehr gerne mögen. Aber wir sind zum Glück neugierig. Auf der Suche nach Genuss, Qualität, Herkunft und Geschmack nehmen wir unsere Lebensmittel gerne unter die Lupe. Wo kommen sie her. Was steckt in ihnen? Wie werden Sie hergestellt und von wem? Wir stellen uns an den Herd und fragen uns, was können wir daraus zubereiten. Dieses Interesse für Lebensmittel bringt uns dann auch dazu umzudenken, Althergebrachtes zu revidieren, wie auch im Falle der, auf den ersten Blick, unspektakulären Haferflocke. Die bringt uns nämlich gehörig ins Staunen, und das aus vielerlei Gründen.

Komplexer Herstellungsprozess

Spektakulär an der Haferlocke ist ihre Herstellung. Was die hinter sich hat, bevor sie überhaupt ins Sackerl gelangt! Zuerst wird das gereinigte Haferkorn, der Rohhafer, thermisch behandelt, man spricht vom Darren: die in den äußeren Schalenrandschichten und vor allem in den äußeren Haferkernschichten enthaltenen Geschmacks- und Nährstoffe gelangen durch diesen Vorgang ins Innere des Korns und dabei bildet sich das so typische nussartige Aroma der späteren Haferflocken. Dann werden die Körner mit Zentrifugen geschliffen, sozusagen nackt gemacht und anschließend mit Dampf „inaktiviert“, eine weitere Besonderheit des Hafers, die seinem Fettgehalt geschuldet ist. Würde man den geschälten Hafer vor dieser Dampfbehandlung zu Flocken walzen, dann würden diese durch ihren Fettgehalt und durch Sauerstoffoxidation relativ schnell verderben und einen bitteren Geschmack bekommen. Um das zu verhindern, wird der Haferkern erst mit 180 Grad heißem trocken Dampf auf 110 Grad Kerntemperatur erhitzt, um die Enzyme (Lipasen), die das Fett abbauen würden, zu inaktivieren. Gleichzeitig wird dadurch das Haferkorn in der Oberfläche elastischer und kann dann im Flockierstuhl zwischen großen gleichlaufenden Metallwalzen unter großem Druck zu einer Flocke platt gedrückt werden.

Großblatt-, Kleinblatt- und Schmelzflocken

Haferflocken gibt es in unterschiedlicher Größe und Struktur zu kaufen. Aber immer handelt es sich dabei um Vollkornprodukte, die aus dem ganzen geschälten Hafer hergestellt werden. Die unterschiedliche Größe und Dicke der Haferflocke hat verschiedene Ansprüche beim Essen und auch beim Kochen. Werden die ganzen Haferkerne gewalzt, ergibt das die kernigen oder Großblatt-Flocken, wie man sie in Müslis findet. Sie sind recht bissfest, quellen beim Ein- und Aufkochen am langsamsten auf. Hier ist also eine gewisse Kaufreudigkeit gefragt. Zarte Flocken oder Kleinblattflocken werden aus klein geschnittenen Haferkernen gewalzt (Hafergrütze) und Schmelzflocken werden aus Hafermehl gepresst. Schmelzflocken lösen sich beim Einrühren in Flüssigkeit sofort auf und sind trinkbar und deshalb für Säuglingsernährung und als Schonkost geeignet. Sie sind allerdings nicht mit der aus den Randschichten gewonnenen Haferkleie zu verwechseln.

Hafer ist anders …

Dann punktet der Hafer und somit auch die Haferflocke natürlich mit seiner „Andersartigkeit“. Er ist das Getreide, das am wenigsten züchterisch bearbeitet wurde und unterschiedet sich von allen andern Getreidesorten schon einmal durch die Pflanze an sich. Botanisch gesehen zur Familie der Süßgräser gehörend, wächst der Hafer in Rispen und nicht in Ähren wie der Weizen, der Roggen, die Gerste oder der Dinkel.  Jedes einzelne Korn ist so wie beim Gras als geschlossen Samenkapseln am Halm. Durch die fest anhaftende Schale ist der Hafer auch das Getreide mit dem höchsten Fettgehalt – um die 7 Prozent (zwischen 0,5 und 1,5 Prozent haben alle anderen).

Flockenfans leben gesund!

Hafer bzw. Haferflocken enthalten neben einen hohen Fettanteil wichtige Ballaststoffe, Mineralstoffe, Vitamine (besonders B-Vitamine) und Eiweiß. Für Menschen mit einem empfindlichen Magen-Darm-Trakt sind Haferflocken sehr bekömmlich. Der besondere Inhaltsstoff im Hafer ist der Ballaststoff Beta-Glucan, der nachweislich einen überhöhten Cholesterinspiegel im Blut verringern kann. Weiterer Pluspunkt: Durch einen komplizierten Prozess im Darm bewirkt Beta-Glucan die Vermehrung von Zellen mit einer starken Immunabwehr, ist also für unser Immunsystem gut. Im Gegensatz zu den Getreide-Klassikern Weizen und Gerste enthält Hafer wenig Klebereiweiß.

Und der Geschmack …

In der Küche findet die Haferflocke zu ihrer edelsten Bestimmung. Im Backofen wird der nussige Geschmack der Haferflocke verstärkt und sie bekommt einen schönen Cruncheffekt. Besonders gut versteht sich die Flocke mit dem Apfel: Apfelcrumble mit Streusel aus Haferflocken – darauf möchten wir wirklich nicht verzichten!

Mit Haferflocken werden zudem Brot, Kekse, Waffeln und Palatschinken gebacken, aber auch in pikanten Gerichten wie Bratlingen stecken die Flocken. Sie passen zu orientalisch angehauchten Pfannengericht mit Gemüse und würzig Haferflocken Muffins mit Käse sind ein tolles pikantes Frühstück. Haferflocken sind also ganz und gar nicht langweilig, man muss eben nur etwas „aus ihnen machen“.

All diese Besonderheiten der Haferflocke, vom enormen Herstellungsaufwand bis hin zu ihren gesunden Inhaltsstoffen, macht sie zu einem ganz besonderen Lebensmittel. Unsere Wertschätzung gilt auch den heimischen Produzenten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, nur besten Hafer in allerbeste Flocken zu verwandeln.