Intransparenter Schmarrn
Wissen, woher die Lebensmittel auf Restaurant-Tellern kommen: Das fordert jetzt auch das Tierschutzvolksbegehren samt prominenter Unterstützung.
Josef Zotter und die Biowirtinnen sind an Bord
Sebastian Bohrn Mena geht diese Intransparenz gegen den Strich. Und das sagt er auch klar: „Wir müssen den Betrug an den Konsumenten beenden und für Transparenz am Teller sorgen”, fordert er. Und setzt hinzu:
“Wenn jemand wirklich das Schnitzel vom kranken Kalb aus holländischer Massentierhaltung oder den Kaiserschmarrn mit Käfig-Ei aus Aserbaidschan essen will, dann ist das seine Entscheidung. Aber wer das nicht will und lieber10 Cent mehr pro Portion zahlen möchte, um den Tieren, der Umwelt und der Landwirtschaft zu helfen, soll auch die Möglichkeit dazu erhalten.“
Hintergründe & Fakten
Konsum generell
- Jährlich konsumieren wir im Schnitt 65 Kilo Fleisch/239 Eier pro Kopf
- Bei Rind/Kalb haben wir Selbstversorgungsgrad von 145 Prozent, bei Schwein sind es 102 Prozent, bei Fleisch insgesamt rund 110 Prozent, bei Eiern 87 Prozent.
- In der Schweiz gibt es seit 1996 eine flächendeckende und verpflichtende Lebensmittel-Kennzeichnung für Außer-Haus-Verpflegung
Das Schnitzel – Kalb & Schwein
- Fast 85.000 Stück Kalbfleisch wurden 2018 nach Österreich importiert; dennoch ist Kalb mit 0,6 Prozent am Fleischanfall ein Nischenprodukt.
- Zwei-Drittel des in Österreich konsumierten Kalbfleisches stammt inzwischen aus dem Ausland, in Vorarlberg über 70 Prozent
- Über 40.000 Kälberwerden jedes Jahr ins Ausland exportiert
- Spitzenreiter beim Fleischkonsum ist mit ist mit rund 38 Kilo oder 58 Prozent vom Gesamtkonsum das Schweinefleisch – damit sind wir in der EU auf Platz 1.
- Seit dem Jahr 2000 hat sich die Anzahl der Schweinebauern halbiert, die Menge der Schweine pro Betrieb aber verdreifacht.
- Trotz hoher Selbstversorgung importieren wir über 180.000 Tonnen Schweinefleisch und 40.000 Tonnen lebende Schweine jährlich
- Nur 2, 5 Prozent der Schweine leben in Bio-Haltung, das ist der mit Abstand niedrigste Bio-Anteil. Im Schnitt werden jährlich bis zu 600.000 Tonnen Sojaerzeugnisse für die heimische Mast importiert, der Großteil landet in den Schweinetrögen
- 75 Prozent des importierten Soja ist genmanipuliert und stammt aus Brasilien/Argentinien. Bei einem Schweinsschnitzel beträgt der preisliche Unterschied pro Portion zwischen EU-Ausland und Österreich nur 10 Cent.
Zusammen fordern sie, dass alle Parteien zu einer neuen Transparenz am Teller bekennen. Käfigeier aus Indien und Schwein aus deutscher Massentierhaltung: Wenn Sie Pech haben, liegt genau das auf Ihrem Teller. Alles übertrieben? Nein, tatsächlich werden pro Jahr über 600 Millionen Eier, vorwiegend aus Käfighaltung und in Pulverform oder als Flüssig-Ei, aus Argentinien, Indien oder Aserbaidschan nach Österreich importiert. Ebenso rund 85.000 Stück Kalbfleisch, überwiegend aus Holland, sowie über 180.000 Tonnen Schweinefleischaus vorwiegend deutscher Massentierhaltung. In der Regel erfährt der Konsument nichts über die Herkunft. Andere können das besser, etwa die Schweiz. bei uns, Dort ist eine Deklaration bereits lange vorgeschrieben. Der Bevölkerung ist das übrigens auch nicht wurscht. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Greenpeace zeigt, dass 84 Prozent der Österreicher nach mehr Transparenz bei Herkunft & Tierwohl von Fleisch verlangt. Und sie zeigt, dass eine ebenso große Gruppe auch bereit wäre, mehr dafür zu bezahlen, wenn sie die Sicherheit hätte, dass es sich dabei um heimische und tier-und klimafreundlich erzeugte Lebensmittel handelt. Glücklicherweise zeigen sich auch alle Parteien bei einer reinen Herkunfts-Kennzeichnung offen, so eine aktuelle WWF-Umfrage. Unternehmer Josef Zotter, weiß, wie sich das ganze umsetzen ließe: „Wir sollten die technischen Möglichkeiten nutzen und einem verpflichtenden QR-Code einführen, der sämtliche Daten über Aufzucht, Herkunft, Hersteller und die komplette Produktionskette enthält. Vielleicht auch mit Videos. Die Lebensmittelbehörde müsste den QR-Code regeln und eine öffentliche Datenbank verwalten, sprich eine Konsumenten-Plattform wie „Food Leaks“, damit jeder Konsument sich informieren und entscheiden kann, ob er ein Steak aus der Steiermark oder aus Brasilien will.” Außerdem, so der Schoko-King mit essbarem Tiergarten, wäre es sehr hilfreich, wenn Tierhalter verpflichtet wären ihren Betrieb zugänglich zu machen und Konsumenten das Recht bekommen, lückenlos nachzuforschen, wo ihre Lebensmittel herkommen.“ Bei den heimischen Biowirtinnen rennt Zotter mit dieser Idee offene Türen ein. Die kämpfen schon seit Jahren für eine verpflichtende Zertifizierung von Gastronomiebetrieben, die Bio ausloben. “Leider scheitern wir stets am Widerstand der Wirtschaftskammer“ sagt Obmann Gerold Hubmer.
Acht Wochen wird die Kampagne dauern. Bohrn Mena und seine Mitstreiter holen ausgewählte Vorzeige-Betriebe aus Landwirtschaft, Gastronomie & Hotellerie aus ganz Österreich in Videos und Reportagen vor den Vorhang. Damit soll gezeigt werden, wie eine tier-und klimafreundliche Landwirtschaft aussieht, wie und warum Wirte & Hotels mit diesen Bauern zusammenarbeiten und wo von ihnen Transparenz gegenüber Konsumenten bereits jetzt sehr erfolgreich gelebt wird. In jeder der 2.096 österreichischen Gemeinden soll zumindestens ein Plakat, das auf die gute Sache hinweist, ausgehängt werden. Und es gibt einen Mitmach-Fotodokumentations-Wettbewerb, an dem jeder teilnehmen und gewinnen kann. Hearings mit den Kandidaten der einzelnen Parteien sind ebenso geplant , wie öffentliche Diskussionsveranstaltungen. Der Sinn dahinter? Das Bewusstsein für die Kette an Entscheidungen und Möglichkeiten zu schärfen – von der Nachfrage-Erzeugung, über die Produktion bis zum Konsum bzw. zur Verschwendung von Lebensmitteln. Und nach den Nationalratswahlen? Wird das Tierschutzvolksbegehren einen „Runden Tisch der Erinnerung & Umsetzung“ initiieren, bei dem Parteien, Interessenvertretungen sowie Experten eingeladen werden, konkrete Vorschläge einzubringen und eine Roadmap zur Umsetzung der verpflichtenden und kontrollierten Transparenz von Herkunft & Tierwohl bei Lebensmitteln in Gastronomie und öffentlichen Küchen zu formulieren.
Die Eier – ein wahrer Kaiserschmarrn
- In Österreich ist die Käfighaltung seit 2009 verboten, ab Ende 2020 sind auch „ausgestaltete“ Käfige verboten. Zum Vergleich: Weltweit stammen ca. 95 Prozent aller Eier aus Käfighaltung, in EU-Ländern stammen mehr als 50 Prozent.
- Über 600 Millionen Eier (Schalen-Ei & verarbeitet) werden jährlich importiert – über Umwege auch aus der Ukraine, Indien, Argentinien & Aserbaidscha:
- Rund 12% der Legehennenleben in Österreich in Bio-Haltung, 23% in Freilandhaltungund 64% in Bodenhaltung•Bis zu 10 Millionen männliche Kükenwerden jedes Jahr am ersten Lebenstag vergast, bei Bio ist diese Praktik mittlerweile durch eine Branchenlösung abgeschafft
- Eier aus österreichischer Bodenhaltung sind um rund 20 Prozent teurer als Flüssig-Eiund rund 50 Prozent teurer als Ei-Pulver von Eiern aus außer-europäischer Käfighaltung•In jedem zweiten verarbeiteten Produktsteckt irgendwas vom Ei – eine Kennzeichnung der Herkunft & Haltung ist allerdings nicht vorgeschrieben
- Jedes Jahr werden pro Kopf rund 239 Eier konsumiert – die Hälfte davon im Zuge von verarbeiteten Produkten ohne Kennzeichnung.