Der Apfelallergie auf der Spur
Immer mehr Menschen reagieren auf Golden Delicious, Gala oder Jonagold-Äpfel allergisch. Warum das so ist und wieso alte Streuobst-Sorten sogar Heuschnupfen-Symptome reduzieren können.
Der Biss in den knackigen Apfel ist nicht jedem vergönnt. Wenn beim Essen Mund und Rachen juckt und alles anschwillt, ist eine Apfelallergie der Grund. Am öftesten haben Birkenpollenallergiker damit zu tun. Allergologe Karl-Christian Bergmann von der Berliner Charité weiß, warum: „Das Obst enthält Allergene, die den wichtigsten Allergenen in Birkenpollen ähneln“. Am öftesten passieren Reaktionen dummer Weise bei im Supermarkt gängigen Sorten wie Golden Delicious, Gala oder Jonagold. Warum ist der Anteil an Allergenen gerade bei diesen Sorten so hoch? “Weil ein anderer Abwehrstoff der Äpfel, die Polyphenole, durch Züchtungen stark reduziert wurde, um süßere Sorten zu erzielen. Die für Aroma und Säure zuständigen Polyphenole schützen den Apfel aber vor Schimmelpilzen und sind zudem gesund für den Menschen”, so Bergmann. Zudem sei bei vielen neuen Sorten der Säuregehalt verringert worden, womit gleichzeitig der Gehalt an Allergenen angestiegen ist. Gebildet werden diese Allergene bei der Reifung und der anschließenden Lagerung der Äpfel.
Alte Sorten sind verträglicher
Um der Sache auf die Spur zu kommen initiierte Bergmann mit seinen Kollegen eine Beobachtungsstudie, die folgende Erkenntnisse erbrachte: Alte Sorten sind nicht nur verträglicher – auch für Allergiker, sondern ihr regelmäßiger Verzehr kann sogar resistenter gegen Problemäpfel machen und Heuschnupfen-Symptome reduzieren. Jeweils zu Beginn und zum Ende der Studie aßen die rund 100 Teilnehmer einen „Problemapfel“ der Sorte Golden Delicious. Dazwischen bekamen sie 90 Tage lang täglich alte Apfelsorten aus bäuerlicher Produktion mit hohem Polyphenolgehalt wie beispielsweise der Sorte Roter Boskoop. „Bis zum Ende haben etwa 70 Teilnehmer mitgemacht. Viele konnten den Golden Delicious im Anschluss besser vertragen und hatten auch in der darauffolgenden Heuschnupfensaison weniger Beschwerden“, erläutert Bergmann die Ergebnisse der Studie.
Äpfel mit hohem Polyphenolgehalt als Heuschnupfenmittel?
Allergologe Bergmann lässt die Sache keine Ruhe. Er will sich weiter mit dem Thema beschäftigen und plant in diesem Zusammenhang eine Kooperation mit Kollegen aus Kasachstan. Von dort stammt der Urvater des heutigen Kulturapfels, die Wildart Malus sieversii. „Heuschnupfen-Probleme wie hier kennt man dort nicht“, so der Wissenschaftler. Von daher will er herausfinden, ob das am hohen Polyphenolgehalt der dortigen Apfelsorten liegt. Darin könnte Potenzial liegen, denn die Zahl der Birkenpollenallergiker ist rasant im Steigen begriffen. Alleine in der Allergieambulanz der HNO-Klinik im Wiener AKH wurde in den letzten 20 Jahren ein 50prozentiger Antieg an Birkenpollenallergie beobachtet. Zudem bestätigen die aktuellen Ergebnisse die einer kleinen japanischen Studie, bei der Heuschnupfenpatienten Apfelsaft mit hohem Anteil an Polyphenolen über einen längeren Zeitraum konsumierten. Diese hatten anschließend im Vergleich mit Probanden ohne Apfelsaftkonsum deutlich weniger Beschwerden. Einen hohen Gehalt an Polyphenolen gibt es übrigens im Streuobstwiesenapfelsaft. In Streuobstwiesen stehen fast ausnahmslos alte Apfelsorten.