Am Anfang ist die Milch
Alles, was in der Milch gut ist, steckt konzentriert und geschmackvoll im Käse. Kein Wunder, dass wir Österreicher über 22 Kilo im Jahr davon verspeisen.
Somit hinken wir Käsenationen wie Frankreich oder Italien kaum hinterher. Genau genommen beziffert die Statistik Austria unseren pro Kopf Verbrauch mit 22,4 kg Käse (Frankreich 26,5 kg). Der Selbstversorgungsgrad der Österreicher an Käse liegt bei beachtlichen 97 Prozent. Über 4000 Käsesorten weltweit haben eines gemeinsam: Ihre Basis ist Milch! Ob diese nun von Kuh, Schaf oder Ziege kommt, ist nicht nur reine Geschmackssache, sondern hat mit den Menschen, ihrer Kultur und der Landschaft des Herkunftsortes zu tun. Man nehme also beste Milch, die bekanntlich aufgrund ihrer hohen Nährstoffdichte als besonders gesundes Lebensmittel gilt, dann braucht es das passende Klima, Zeit und das Wissen um die hohe Kunst der Käserei. Das Ergebnis ist ebenso köstlich wie vielfältig in vielerlei Hinsicht: Konsistenz, Würze, Reife sind die geschmacklichen Unterscheidungsmerkmale. Käse ist aber nicht einfach nur geronnenes Milcheiweiß. Guter Käse hat immer eine Geschichte. Die der Kühe, die im Sommer auf den heimischen Almen nur die besten Gräser fressen. Die der Ziegen, die wahre Kräuterexperten sind. Die der Wanderschäfer, die mit ihren Herden zu den saftigsten und schönsten Futterplätzen ziehen. Die der Menschen die nach alter Tradition arbeiten und dem Käse die Zeit und Zuwendung geben, die er braucht um zum vollen Geschmack zu reifen. Wer Käse in seinem Wesen begreifen und wirklich verstehen will, muss neugierig sein, Mut zur Entdeckung neuer Geschmackswelten haben und mehr als nur Schnittkäse probieren.
Rot-weiß-rote Käseliebhaber
Wie kommt es, dass der Beliebtheitsgrad und der pro Kopf Verbrauch an Käse in Österreich in den letzten Jahren stetig gestiegen sind? Ganz einfach – Käse besticht durch Vielfalt und überzeugt geschmacklich und qualitativ. Die Zutaten, die Art der Herstellung und die Pflege des Käses durch den Affineur sorgen für ein breites Geschmacksspektrum – von mild, nussig, cremig über würzig, aromatisch, pikant und gereift. Die Qualität von heimischem Käse basiert vielfach auf der Herstellung nach traditionellen Verfahren und kleinregionaler Milchwirtschaft. So ist österreichischer Käse nicht nur im Inland, sondern auch über die Grenzen hinaus sehr beliebt und kann als Exportschlager der heimischen Wirtschaft bezeichnet werden.
So ein Käse …
sagen wir sehr oft, wenn wir unsere Geringschätzung zum Ausdruck bringen möchten. Wir tragen den Käse sozusagen mit einer negativen Konnotation auf der Zunge. Wie kommt es bloß dazu, dass wir dieses edlen Lebensmittels in unserem Sprachgebrauch so verunglimpfen? Die Erklärung ist einfach. Milchprodukte waren früher einmal ganz einfache, banale Lebensmittel, überall erhältlich und nichts Besonderes. So kam es im Laufe der Zeit irgendwie zu dieser sprachlichen Degradierung.
Sogar Kyklopen aßen Käse
Seitdem der Mensch Ackerbau und Viehzucht betreibt, gibt es wohl Frischkäse, der durch die Säuerung der Milch entstanden ist. Um die Entdeckung der Labkäse spinnt sich eine Legende, oder besser gesagt ein Schafsmagen. In einem solchen soll ein Schäfer nämlich Milch transportiert und dann festgestellt haben, dass die Milch fest wurde. Bereits in den antiken Hochkulturen schätze man den Käse. Bei den alten Griechen war er eine Handelsware, die durch Trockenen und Salzen haltbar gemacht wurde. „Der Kyklop ist nicht zu Hause, er hat reiche Vorräte an Käse, viele Lämmer und Böcklein,“ heißt es in Homers Odyssee, einer der ältesten, wichtigsten und größten Erzählungen der Weltliteratur. Den Römern diente der Käse als Proviant bei Feldzügen. Sie waren es sicherlich auch, die ihr Wissen rund um die Käseerzeugung an die jenseits der Alpen lebenden Kelten und Germanen weitergegeben haben. Im Mittelalter wurde anfangs vor allem in den Klöstern Käse erzeugt, dann aber auch von den Bauern. Bereits in alten Schriften des 11. und 12. Jahrhunderts tauchen Namen wie Emmentaler, Roquefort und Brie auf.
Was versteht man eigentlich unter Käse?
Laut Österreichischem Lebensmittelbuch (Codex Alimentarius Austriacus) versteht man unter der Bezeichnung „Käse“ nur Erzeugnisse, die aus Käsereimilch hergestellt sind. Käsereimilch ist also die Milch, die für die Käseherstellung bestimmt ist. Das kann alles Mögliche sein, von Rohmilch bis zur pasteurisierten Milch. Der Käsereimilch kann Milch- oder Molkenrahm, aber auch Buttermilch zugesetzt werden. Kuhmilch kann ganz oder teilweise durch Schaf- oder Ziegenmilch ersetzt sein.
Wie macht man Käse?
Nach der Überprüfung der Milch auf die Käsereitauglichkeit wird sie durch Säuerung und/oder Einlaben eingedickt. Bei dieser Entwässerung, dem sogenannten Dicklegen, wird das Milcheiweiße Kasein aus der Milch gefällt, das die Basis zum Erzeugen aller Sorten von Käse ist. Die Säuregerinnung mittels Milchsäuregärung wird vor allem bei der Herstellung von Frischkäse angewandt. Die enzymatische Gerinnung durch Labfermente wurde ursprünglich durch das aus Kälbermägen gewonnene Chymosin durchgeführt, heute kommen überwiegend mikrobiell hergestellte Enzyme als Labaustauschstoffe zum Einsatz.
Der Käsebruch
Durch die Zugabe von Lab oder Milchsäurebakterien entsteht der sogenannte Käsebruch. Diese Gallerte wird zerschnitten, damit die Molke abfließen kann und so entsteht dann das Bruchkorn. Mit der Art des Schneidens steuert man die spätere Konsistenz des Käses. Grob zerschnitten für Weichkäse und immer feiner, je fester der Käse werden soll. Bei einigen Weichkäsen wird der Bruch sogar ohne Bearbeitung in die Form geschöpft. Bei Schnitt- und Hartkäsen wird der Käsebruch nach dem Schneiden intensiv gerührt.
Formen, Pressen und Salzen
Der fertige Bruch wird in Formen gefüllt und gepresst, um weitere Molke abzutrennen und den Käse zu verfestigen. Vor dem Salzen des Käses lässt man ihn zur weiteren Säuerung noch ruhen, bis ein optimaler Säuregrad erreicht ist (Thermalzeit). Durch das Salzen wird vorwiegend der Käsegeschmack beeinflusst, zudem hat es einen konservierenden Effekt und wirkt sich auf die Quellung des Eiweißes, die Haut- und Rindenbildung und das Verfestigen des Käses aus. Nicht nur durch das Salzen wird die Oberfläche des Käses behandelt. Weitere Varianten sind das Einsprühen der Oberfläche mit Schimmelpilzkulturen, das Wälzen in Asche oder gar das Einlegen in Milben und viele mehr. Durch die Reifung erhält der Käse letztendlich sein charakteristisches Aussehen, den individuellen Geschmack und seinen Geruch.
Käse unter der Lupe
Stammt der Käse zu 100 % aus Österreich und werden strenge Qualitätskriterien eingehalten, wird er mit dem rot-weiß-roten AMA-Gütesiegel ausgezeichnet. Auch die EU vergibt Zeichen wie die geschützte Ursprungsbezeichnung, g.U., und die geschützte geografische Angabe, g.g.A..
Martin Luther (1483 – 1543) beschrieb einen guten Käse übrigens mit den folgenden Worten:
Non Argus, largus: Ein guter Käse soll nicht wie Argus unzählige Augen, sprich Löcher, haben. Auch sei er nicht knauserig klein, sondern freigiebig und groß.