Der jährliche weltweite ökonomische Wert durch die Arbeit der Bienen wird auf rund 500 Milliarden Euro geschätzt. Die Beziehung steckt allerdings in der Krise.

Die Beziehung zwischen Bienen und Blumen ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor.©Canva

Die Bestäubungsleistung der Bienen ist mehr als beeindruckend! Neben dem Erhalt der Artenvielfalt sind die Bienen für uns unersetzbare, kostenlose ökologische Dienstleister. Viele Rohstoffe für unsere Nahrungsmittel, aber auch für Kleidung und Baumaterial wachsen nur, weil sie von Bienen und anderen Insekten bestäubt wurden. Der jährliche weltweite ökonomische Wert durch die Arbeit der Bienen wird auf 500 Milliarden Euro geschätzt. In diesem Sinne ist die Bienen eine Wirtschaftsmacht in perfekter Vollendung.

Bestäubungskrise

Umso erschreckender lesen sich diverse wissenschaftlichen Beiträge über bedrohliche Beziehungsprobleme von Bienen und Pflanzen. Die Vielfalt an Bienen und der Reichtum an insektenliebenden Pflanzenarten geht dramatisch zurück. Einfach gesagt: Es gibt immer weniger Blumen und somit immer weniger Bienen die „auf sie fliegen“! Ist es nun der Rückgang der Pflanzen der dafür sorgt, dass es weniger Bienen gibt – oder sind es die weniger vorhandenen Bienen die dazu führen, dass sich weniger Pflanzen vermehren? Auch die Wissenschaft ist noch auf der Suche nach dem Schuldigen der Bestäubungskrise!

Die Entdeckung der Fremdbestäubung

Heutzutage wissen schon die Kinder sehr früh über die ausgeprägte Beziehung zwischen Insekten und Pflanzen Bescheid. Es ist kein Geheimnis, das da zwischen Bienchen und Blümchen „was läuft“. Aber das war nicht immer so! Noch vor 230 Jahren wollte niemand so recht an das „Techtelmechtel“ der beiden und an das Phänomen der gezielten Fremdbestäubung glauben. Das lag wohl auch am damaligen Weltbild des Menschen, der sich nach pytagorischen Denken selbst als Maß aller Dinge beschrieb, als Zentrum und Ziel der Schöpfung. Die Natur diente als Mittel. Sie war allein da, um den Menschen Freude zu bereiten. 

Da kam ein Bienchen und naschte fein

Diese anthropozentrische Weltsansicht (anthropos griech. für Mensch), die im Menschen die Krone der Schöpfung sah, brachte Christian Konrad Sprengel, ein deutscher Lehrer, Theologe, Botaniker und Hobbyforscher Ende des 18. Jahrhunderts ins Schwanken. Er entdeckte 1790 unter anderem am Schmalblättrigen Weideröschen die Fremdbestäubung. Christian Konrad Sprengel galt als Eigenbrötler, als ein sonderlicher Mensch, nicht gesellschaftsfähig, wenig religiös, der seine Zeit lieber in der Natur als in der Kirche verbrachte.  Er war ein Blumenliebhaber, ein wissenschaftlicher Voyeur.  Einer, der sich die kleinen Dinge angeschaut hat und dabei die Natur „auf frischer Tat ertappte“. 

Angelockt und verführt!

Drei Jahre nach seiner Entdeckung veröffentlichte er sein bahnbrechendes Werk „Das entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen“ (Berlin 1793).

Darin beschreibt er die Koexistenz von Blume und Insekt, erkennt den wahren Grund der Schönheit der Pflanzen. Sprengel erklärt, dass die Farben, besondere Blütenformen, der Duft und die Produktion von Nektar ein Lockmittel sind. Die Pflanzen buhlen sozusagen um die Gunst von Insekten und Vögeln, damit diese sie befruchten. Sie konkurrieren miteinander. Um zu erreichen, dass die Bienen zu ihr fliegt, muss eine Blüte besonders schön leuchten oder besonders herrlich duften. Damit wird Sprengel zum Begründer der Blütenbiologie. Vielen Naturwissenschaftlern war damals bereits bewusst, dass Pflanzen männliche und weibliche Merkmale besitzen, jedoch nahm man an, dass sich die Pflanzen alle selbst bestäuben. Dagegen sprach, so Sprengel, die Morpho­logie der Blüten und die Dichogamie, also die nicht gleichzeitige Geschlechtsreife von Stempel und Staubblätter einer Blüte.

Mehr als ein Zufall!

Die Übertragung durch ein Insekt wurde zur damaligen Zeit als ein reiner Zufall angesehen, die Bestäubung war nur eine Kontamination. Es war vor allem der Wind, der sich darum kümmerte. Geradezu unerhört war es, dass Sprengel behauptete, die Pflanze würde extra Nektar produzieren und mit ihren auffälligen Farbmustern um Insekten werben. Heute ist die Bestäubung eine sehr simple, naturwissenschaftliche Erkenntnis, über die wir schon sehr früh im Biologieunterricht lernen. Es bleibt den Pflanzen ja auch nichts anderes übrig, als sich in „Schale zu werfen“, denn als „sesshafte Lebewesen“ sind sie bei der Befruchtung und Bestäubung auf die Hilfe Dritter angewiesen. 

Aber als Sprengel seinen Forschungsergebnissen zur damaligen Zeit präsentierte, da widerstrebte vielen der Gedanke, dass sich auf der Wiese alles um die Fortpflanzung dreht und die Blumen so hübsch da stehen, weil sie es auf die Pollen abgesehen hatten. Die Degradierung der Blüten zu pflanzlichen Sexualorganen entsprach ganz und gar nicht nicht dem Denken sittlicher Seelen. Sprengel greift also mit seinen Beobachtungen der Evolutionstheorie von Charles Darwin, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal geboren war, voraus.

Herr Goethe dachte anders darüber

Sogar große Denker wetterten gegen die Aussagen von Sprengel. Sein prominentester Gegner war Goethe. Dieser ist uns natürlich als „Dichterfürst“ bekannt, er war aber als Universalgenie auch ein emsiger und ehrgeiziger Forscher und Naturwissenschaftler. Goethe warf Sprengel vor, mit seiner Erkenntnis die Natur zu vermenschlichen. Nur hat Goethe ein Gedicht geschrieben, „Gleich und Gleich“, das sich fast wie eine Bestätigung der Bestäubungstherorie von Sprengel liest.

„Ein Blumenglöckchen

Vom Boden hervor

War früh gesprosset

In lieblichem Flor;

Da kam ein Bienchen

Und naschte fein: –

Die müssen wohl beide

Für einander sein.“

Goethe gab zwar zu, dass die Insekten ein offensichtliches Interesse an den Blüten und am Nektar hatten, die nüchterne und zweckorientierte Erklärung der Funktion einer Blüte akzeptierte er allerdings nicht. Er sah keinen Zusammenhang zwischen Insektenbesuchen und pflanzlicher Reproduktion. In einem Brief Goethes an Charlotte von Stein kommt seine anthropozentrische Sicht auf die Natur sehr gut zum Ausdruck: Blüten seien, so schreibt der bedeutende Dichter und Naturwissenschaftler

, „… die schönen Worte und Hieroglyphen der Natur, mit denen sie uns andeutet, wie lieb sie uns hat.“ (Goethe, Briefe. An Charlotte von Stein, 24. März 1779).

Sprengel schreibt ein weiteres Buch über Bienen, das 1811 erschien und in dem er die Konsequenzen seiner Forschungen für Landwirtschaft, Obstbau und Imkerei darstellte: „Die Nützlichkeit der Bienen und die Notwendigkeit der Bienenzucht“. Der Naturforscher hielt an seinen Beobachtungen fest, er erhielt aber zu Lebzeiten keine Anerkennung. Er war seinen Vorgesetzten suspekt, verlor schließlich auch seinen Posten. Nach seinem Tod geriet sein Werk in Vergessenheit und erst Charles Darwin erkannte die Tragweite der Sprengelschen Beobachtungen für die Evolutionsbiologie.

Tipp: Wer mehr über die Welt der Bienen wissen möchte, dem empfehlen wir ein Mietbienenvolk.