Bringt der Mairegen Segen?
Ja, es regnet! Aber auch die aktuellen Niederschläge bringen dem heimischen Osten keine nachhaltige Entspannung. Die Trockenheit bleibt problematisch.
Vor wenigen Tagen sprach Thomas Krennert von einer Krise, die noch nicht vorbei ist, wurde er nach der aktuellen Wettersituation gefragt. Der Mann ist Meteorologe und als dieser Experte bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZMANG). Nur zwei bis fünf Liter Regen je Quadratmeter gab es nach Ostern für den heimischen Osten. Krennert sprach von einer Milderung der Not, nicht mehr. Für die Landwirtschaft ist das kein gutes Szenario und selbst jetzt, wo das heiß ersehnte Nass da ist, gibt es keinen Jubel. Sowohl in Niederösterreich als auch im Burgenland bleibt die Trockenheit ein Problem. Entspannung hat der Regen lediglich bei Kulturen gebracht, die gerade angebaut worden sind, etwa Sonnenblumen oder Sojabohnen. Zahlen gibt es auch dazu. Von Montag bis Mittwoch lagen die Niederschläge im Marchfeld, dem Laaer Becken sowie in den nördlichen Teilen des Bundeslandes zu Niederschlägen bei zehn bis 15 Litern pro Quadratmeter. Das ist “schön, aber zu wenig”, konstatierte eine Sprecherin der Landwirtschaftskammer und ergänzte, in Sachen Feuchtigkeit befinde sich die Landwirtschaftsfläche “weit weg vom Normalniveau”. Konkret dringt das Wasser zwar zu den Wurzeln der Pflanzen vor, der Grundwasserpegel bleibt aber unverändert. Im Burgenland fiel etwa genausoviel Regen wie in Niederösterreich auf den Quadratmeter. Zu wenig, sagt man auch da. Der prognostizierte Niederschlag am Wochenende könnte helfen. Dennoch stellen sich nicht nur die Landwirte angesichts der aktuellen Lage diese eine Frage.
Folgt wieder ein Jahr der Dürreschäden?
Nun, die Anzeichen in diese Richtung verdichten sich. Das Wintergetreide und die neuen, jungen, ausgebrachten Pflanzen im Norden und Osten des Landes leiden schon jetzt unter dem Niederschlagsdefizit und auch in der Steiermark ist es zu trocken. Wie viel weniger es in den letzten Wochen geregnet hat? In Teilen Niederösterreichs waren es im Vergleich zum zehnjährigen Durchschnitt nur ein Viertel bis höchstens die Hälfte des durchschnittlichen Niederschlags. Dabei gab es schon seit dem vergangenen Herbst aufgrund der anhaltenden Nordwestwetterlage kaum Regen im Südosten von Österreich. Deshalb ist der Grundwasserpegel dort jetzt teils rekordverdächtig tief. Auf nur 32 Prozent des langjährigen Regen-Durchschnitts kommt der Seewinkel, das Südburgenland immerhin noch auf 60 Prozent.
Die Wetterkapriolen sind freilich nicht nur unschön, sondern kosten auch. Mit 230 Millionen Euro wird der Gesamtschaden durch wenig Niederschlag und große Hitze in der heimischen Landwirtschaft 2018 beziffert. Und die Experten der Hagelversicherung gehen jetzt schon davon aus, dass sich die Dürreschäden heuer nicht nur wiederholen könnten sondern sogar übertroffen werden. Sie prognostizieren folgendes Horror-Szenario: „Setzt sich diese Entwicklung fort, wird Österreich bald seine Bevölkerung nicht mehr ausreichend mit heimischen, regionalen Lebensmitteln versorgen können.” Verschärft werde diese Situation auch dadurch, dass täglich Flächen im Ausmaß von 20 Fußballfeldern zubetoniert würden.
Und das langfristige Szenario?
Langfristig werden der Süden und Osten Österreichs am stärksten von der zunehmenden Trockenheit betroffen sein. Wasser könnte dort zum limitierenden Faktor werden. In “Die Folgeschäden des Klimawandels in Österreich” skizzieren Experten Dürreszenarien für 2040, die alles andere als gut sind. Laut dieser Publikation des Klimafonds sind in manchen Jahren Ernteverluste von 30 Prozent und mehr zu erwarten. Die größten Dürre-Verlierer werden Wein- und Mostviertel sowie das nördliche und südliche Burgenland sein. Bis zu 10 Prozent Ernteverluste drohen aber auch der Südsteiermark, dem Mühlviertel sowie Teilen Kärntens. Und die Dürre wird uns öfter treffen als bisher, sagen die Forscher. Selbst wenn man ein moderates Szenario hernimmt – das wäre eine Niederschlagsabnahme von 15 Prozent im Sommer bis 2065, käme es jedes vierte Jahr zu einer Dürre. Dazu trägt neben wenig Regen auch das frühere Einsetzen der Vegetationsperioden bei, und die höhere Verdunstung, die den Boden im Sommer früher austrocknet.
Kommt kein Wasser von oben, braucht es Bewässerung
Was unausweichlich sein wird? Mehr Bewässerung. Nur 2,3 Prozent der heimischen landwirtschaftlichen Flächen werden im Augenblick bewässert. Vor allem in Niederösterreich und im Burgenland wird gegossen, und da am stärksten Feldgemüse, Saatmeis, Zuckerrüben und Wein. Die restlichen Teile Österreichs brauchen das derzeit noch nicht. Treffen die prognostizierten Szenarien ein, wird aber auch der Südosten darauf setzen, um die Ertragsverluste ausgleichen. Besonders hart trifft es den Osten, denn hier fehlen die Grundwasserreserven. Und selbst wenn die Geschichte mit der Bewässerung hinhaut, droht neues Ungemach, sagen die Forscher: “Klimawandelbedingte Investitionskosten für eine Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen würden auch den finanziellen Druck erhöhen.” Mal ganz abgesehen von den Konflikten, die rund um die Ressource Wasser drohen. Doch was tun, abgesehen vom Bewässern? Bei der Bodenbearbeitung auf einen rascheren Humusaufbau achten. Das raten die Experten insbesondere den Ackerbauern im Weinviertel. Humusreichere Böden können mehr Wasser speichern, sagen sie. “Und zusätzlich binden solche Böden verstärkt Kohlenstoff und tragen so zum Klimaschutz bei.” Die Terminbörsen blenden das Szenario einer neuerlichen Dürrekatastrophe in Europa übrigens derzeit noch hartnäckig aus und orientierten sich ausschließlich an optimistisch gestimmten Wettermärkten.