Zum Schutz der Artenvielfalt belassen die Bundesforste mindestens fünf Biotopbäume und rund 25 Festmeter Totholz pro Hektar im Wald. Die Tiere freut’s.

Fledermaus in der Baumhöhle

Fledermäuse wie die Hufeisennagel brauchen Platz “zum Abhängen”. Foto: ÖBf-Archiv/W. Simlinger

Fledermäuse wie die Kleine Hufeisennase ziehen sich gerne in Baumhöhlen zurück. „Microliving“ – der Trend zu kleinen Wohnungen ist nicht nur in der Immobilienbranche beliebt, sondern im Tierreich seit jeher gelebte Praxis. Sogenannte Baummikrohabitate, also Kleinstlebensräume auf alten Bäumen oder abgestorbenem Holz, bieten zahlreichen Tieren ein wertvolles Zuhause. Vor allem seltene und vom Aussterben bedrohte Arten wie der Veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer, der Schwarzspecht oder die Kleine Hufeisennase, eine Fledermaus, nutzen jeden kleinsten Hohlraum, um ihre Jungen aufzuziehen oder sich vor Feinden zu verstecken. Biotopbäume sind aus ökologischer Sicht somit unverzichtbar und können bis zu 65 verschiedene Mikrohabitate, von der Höhle bis zum Rindenriss, aufweisen. „Biotopbäume sind ein wahrer Hotspot der Biodiversität. In unseren Wäldern belassen wir daher bewusst alte Bäume sowie ausreichend abgestorbenes Holz im Wald, um wieder mehr Lebensraum für seltene Arten zu schaffen“, betont Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste, die rund 15 Prozent der heimischen Wälder betreuen.

Gemeinsam mit dem WWF haben die Bundesforste nun die Fachbroschüre „Aktiv für Artenvielfalt im Wald“ herausgebracht, um zu zeigen, wie sich durch die gezielte Förderung von seltenen Baumarten und Naturwaldelementen die Arten- und Strukturvielfalt im Wirtschaftswald erhöhen lässt. „Werden Wälder nachhaltig bewirtschaftet, kann der Mensch nicht nur die Ressourcen der Wälder nutzen – auch die Artenvielfalt kann erhalten bleiben. Struktur- und artenreiche Wälder sind wahre Schatzkammern des Lebens und tragen zum Klimaschutz bei: Sie speichern CO2, schützen vor Naturereignissen – wie Lawinen, Muren oder Steinschlägen – und bringen Abkühlung in Hitzeperioden“, ergänzt Hanna Simons, Leiterin des Bereichs Natur- und Umweltschutz beim WWF Österreich.

Höhlenbau-Profis: „Specht-Immobilien“ im Tierreich sehr beliebt

Vor allem der Schwarzspecht, der größte europäische Specht, stellt durch den Bau von geräumigen Baumhöhlen der Waldlebensgemeinschaft wichtige Kleinsthabitate zur Verfügung. Schwarzspechte sind wahre Höhlenbau-Profis, die an mehreren Wohnungen gleichzeitig zimmern. Zieht ein Schwarzspecht-Paar nach erfolgter Brut in eine neue Höhle, gibt es zahlreiche potenzielle Nachnutzer, die um die „Specht-Immobilien“ buhlen: Raufußkäuze, Hohltauben, Kleiber, Fledermäuse, Eichhörnchen, Haselmäuse, Siebenschläfer oder Hornissen übernehmen die Kleinstwohnungen zum Brüten, als Futterversteck oder Schlafplatz. Viele Tiere sind auf die Höhlen des Schwarzspechtes in Biotopbäumen angewiesen und würden ohne ihn unsere Wälder nicht oder nur in sehr viel geringerer Dichte besiedeln. Insgesamt konnten in Europa bisher 58 unterschiedliche Tierarten als Nachnutzer von Schwarzspecht-Höhlen nachgewiesen werden.

Lebendiges Totholz

Neben Biotopbäumen finden sich auch in abgestorbenem Holz zahlreiche Mikrohabitate und Nischen unterschiedlichster Art. Ausreichend Totholz in der Waldlandschaft ermöglicht somit auch seltenen Arten ein langfristiges Überleben.

Rund 1.500 von den etwa 7.400 heimischen Käferarten sind von Totholz abhängig.

Die meisten von ihnen sind als sogenannte Destruenten am Abbau des Holzes zu Humus beteiligt und stellen damit einen wichtigen Faktor zur Erhaltung und Förderung eines gesunden, produktiven Bodens dar. Je nach Baumart, Zersetzungsgrad des Holzes oder Sonneneinstrahlung leben auf Totholz ganz unterschiedliche Organismen. Beispielsweise wächst das in Europa stark gefährdete Grüne Koboldmoos ausschließlich auf im Schatten liegendem Fichten-Totholz und der seltene, besonders geschützte Alpenbock-Käfer benötigt totes Buchenholz für die Entwicklung seiner Larven.

Naturnahe Waldbewirtschaftung sichert Artenvielfalt

Zum Schutz der Artenvielfalt belassen die Bundesforste daher schon seit Jahren mindestens fünf Biotopbäume sowie durchschnittlich 25 Festmeter Totholz pro Hektar im Wald. Knapp 500 Altholzinseln und weitere Wildnisecken wurden in allen ÖBf-Forstrevieren in ganz Österreich eingerichtet. Die wenige Hektar großen, wildnisartigen Waldgebiete werden ganz der Natur und ihren Bewohnern überlassen. Gemeinsam mit den Biotopbäumen und durch das Belassen von Totholz schaffen die Bundesforste dadurch ein langfristiges Netzwerk für die Artenvielfalt im Wald.

„Um die Biodiversität und damit auch die Widerstandsfähigkeit eines Waldbestandes zu erhalten und zu fördern, ist es essenziell, Biotopbäume und Totholz nachhaltig zu bewahren und ihre weitere Entwicklung zu ermöglichen. Außerdem lässt sich durch gezieltes Einbringen von seltenen Strauch- und Baumarten, wie Schwarzpappel oder Elsbeere, die Vielfalt weiter erhöhen. Denn nur gesunde, bunte und artenreiche Wälder können dem Klimawandel standhalten und neben der Holzproduktion auch ihre vielen Ökosystemleistungen erbringen“, so Rudolf Freidhager.

Die Broschüre „Aktiv für Artenvielfalt im Wald“ mit zahlreichen Praxistipps kann unter www.bundesforste.at/publikationen kostenlos bestellt oder heruntergeladen werden.

Was heimische Produzenten aus, mit und im Holz machen …