Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens über das Elend der ungarischen Gänse, Stopfmast & Lebendrupf.

Weil in Österreich nur eine vergleichsweise geringe Menge an Gänsen produziert wird, werden für das Fest wahre Unmengen an Billigfleisch importiert.©Andrea Knura

Wenn in wenigen Tagen wieder das Martinsfest in Österreich gefeiert wird, diesmal zwangsläufig im kleineren Rahmen, dann steht meist ein Tier im Mittelpunkt: Die Gans. Immer noch zelebrieren viele Menschen im ganzen Land den kirchlichen Festtag mit dem Verzehr einer gebratenen Martinigans. Doch so schön dieses Zusammenkommen im Familienkreis auch sein mag, leider unterstützt man damit unfreiwillig die ausländische Massentierhaltung. Denn am Teller landet fast immer die Gans aus Ungarn. 

Schätzungsweise 250.000 Gänse werden rund um Martini bei uns jedes Jahr verspeist, davon stammen wiederum bis zu 80 Prozent aus dem Ausland. Weil in Österreich nur eine vergleichsweise geringe Menge an Gänsen produziert wird, werden für das Fest wahre Unmengen an Billigfleisch importiert. Die Produktionsmethoden in Ländern wie Ungarn sind katastrophal. Die Tiere werden mehrfach lebendig gerupft, denn ihre Daunen sind in der Textilindustrie heiß begehrt. Das ist extrem schmerzhaft und verursacht Verletzungen.

Sie werden auch der qualvollen Prozedur der „Stopfmast“ unterzogen. Bis zu drei Wochen lang wird ihnen dabei täglich mit einem Metallrohr ein Gemisch aus Mais und Fett eingeflößt, das zu einer rascheren Gewichtszunahme führen soll. Dabei kommt es aber auch zur krankhaften Veränderung der Leber. Diese wächst auf die zehnfache Größe an und wird von manchen Menschen als „Delikatesse“ konsumiert. In Österreich ist die Herstellung bereits verboten, trotzdem landet sie im Supermarkt.

Die Produkte der Tierqual, die ungarischen Gänse aus Lebendrupf und Stopfmast, finden sich um 3 Euro pro Kilo im Kühlregal. Manche Großhandels-Diskonter verschenken in dieser Zeit auch einfach ganze Gänse an ihre Kunden, um mehr Menschen ins Geschäft zu locken. So weit ist es mittlerweile schon mit der Entwürdigung von Lebewesen und der Entwertung von Lebensmitteln gekommen, dass die gequälten Gänse als spottbilliges Lockmittel fungieren.

Wer nicht auf die gebratene Gans zum Martinsfest verzichten möchte, der sollte unbedingt zur heimischen Ware greifen. Denn hier ist sichergestellt, dass weder Lebendrupf noch Stopfmast praktiziert wurde. Es gibt viele regionale Anbieter, die kleine Mengen extra für Martini erzeugen und dabei besonders auf Qualität und Tierwohl achten. Wer der ausländischen Massentierhaltung also eine deutliche Absage erteilen möchte, der hinterfragt die Herkunft des Essens. Auch und gerade zu Martini.

Das ist der Beitrag, den wir als Einzelne leisten können. Für die große Veränderung brauchen wir ohnehin die Gemeinschaft, denn nur im Kollektiv können wir das System per se ändern. Und dadurch etwa eine verpflichtende Lebensmittelherkunft auch in der Gastronomie durchsetzen. Damit endlich draufstehen muss, wenn arme gequälte Tiere am Teller landen. Dann können wir tatsächlich von der „Macht der Konsumenten“ sprechen. Zeit wird’s!

Dr. Sebastian Bohrn Mena (35) ist Autor des kürzlich erschienen Buches „Besser Essen – Wie wir über unseren Teller die Welt gestalten“ und Initiator des überparteilichen Tierschutzvolksbegehrens, das von 18. bis 25. Januar 2021 in ganz Österreich stattfindet. Übrigens: Von allen verkauften Bauernladen.at-Gutscheinen kommen zwei Prozent dem Volksbegehren zugute!