Die Rasse Angus könnte der neue Star in der Jungrindproduktion werden – erste Ergebnisse eines heimischen Forschungs-Projekts lassen das erahnen.

©Die Angus-Jungrinder des Versuchs an der LFS Hohenlehen. Roland Kitzer/HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Rund 200.000 Mutterkühe mit Kälbern gibt es in Österreich. Das ist auch deshalb gut, weil sie großteils in Grünlandgebieten leben und einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt unserer Kulturlandschaft leisten. Aber was passiert, wenn die Kälber keine Milch mehr brauchen? Dann gehen sie entweder als Einsteller in die Rindermast oder werden als Jungrinder mit unter einem Jahr geschlachtet und landen dann als Steak auf Ihrem Teller. Aber wissen Sie eigentlich, Fleisch welcher Rasse Sie da essen? Am häufigsten stammt Jungrindfleisch aus Mutterkuhhaltung von Fleckvieh-Limousin-Kreuzungen.Vom Fleckvieh als milchbetonte Mutterrasse kommt die Milch für das Kalb, vom fleischbetonten Limousin-Vater das Fleisch. Aber was wäre eigentlich, wenn man eine andere Rasse dafür hernimmt? Diese Frage hat man sich an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein und der landwirtschaftlichen Fachschule Hohenlehen gestellt und sich dem Angus gewidmet. 11.000 Vertreter davon gibt es in Österreich aktuell. Die mittelgroßen Schotten machen weniger als ein Prozent des heimischen Rinderbestands aus – im Vergleich dazu steht das Fleckvieh bei 76 Prozent, bringen aber eine Menge Eigenschaften mit: sie sind friedfertig, frühreif, leicht kalbend und haben einen ausgeprägten Mutterinstinkt. Ihre Milchleistung ist mittel, aber die Fleischqualität gilt als sehr gut. Wissenschaftliche Versuche zur Jungrindproduktion mit Angus gibt es im ganzen deutschsprachigen Raum außer der Schweiz kaum, sagt Margit Velik vom Institut für Nutztierforschung der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Was es lediglich gibt, das sind internationale Versuche und Ergebnisse zu Angus und Angus-Kreuzungen in der herkömmlichen Mast – sprich bei Kalbin, Ochse und Stier. Umso wichtiger scheint das österreichische Projekt, das bereits seit dem Jahr 2015 läuft und noch bis 2020 dauert.

Zur Sache: Fettes Ergebnis

Der Versuch an der LFS Hohenlehen, der vor vier Jahren startete, brachte, was Angus betrifft, bisher ein fettes Ergebnis. Dabei haben Jungrinder prinzipiell eigentlich eine eher geringe Fetteinlagerung im Schlachtkörper und im Fleisch. Bei den Angus-Vertretern ist das allerdings anders. Im Projekt wurden zehn Mutterkühe, fünf davon Angus und fünf Fleckvieh, ein Angus-Stier sowie ihre Kälber und Jungrinder ganzjährig in einem Außenklimastall gehalten, fraßen Grassilage und Heu. Bis zur Schlachtung setzten sie allerdings deutlich mehr Fett an, als die bisher gängigen Rassen. Das schlägt sich bei der Fettklasse und beim intramuskulärem Fettgehalt nieder – letzteres ist der Fettgehalt im Fleisch. Dazu muss man wissen: Ein höherer Fettgehalt beeinflusst häufig Zartheit, Saftigkeit und Geschmack von Rindfleisch positiv. Und das ist dann wiederum gut für Ihr Steak, das Sie sich ja möglichst zart wünschen.

So sieht es aus: Ein Steak aus dem Angus-Jungrind. ©Roland Kitzer/HBLFA Raumberg-Gumpenstein.

Teil des Versuchs waren aber auch Fleckvieh-Angus Kreuzungen. Und da zeigte sich: Deren Fleisch war weniger fett, aber ebenso zart und saftig. An dieser Stelle bietet es sich übrigens an, auf einen früheren Versuch an der LFS Hohenlehen zurückzuschauen. Bei dem hatte sich herausgestellt, dass auch reinrassige Limousin Jungrinder und Limousin-Kreuzungen mit der Milchrasse Fleckvieh trotz kurzer Fleischreifung sehr zart waren.

AN FV×AN LI* FV×LI*
Intramuskuläres Fett, % 2,6 2,0 0,6 1,2

Zartheit (Scherkraftgegrillt), kg

(<3,8 gut, <3,2 sehr gut
Frickh et al. 2001)

2,6 2,3 2,9 2,4

In der Zartheit gab es keinen Unterschied zwischen 4 Rassen/Kreuzungen, AN= Angus, FVxAN= Fleckvieh-Angus Kreuzung, LI*= Limousin, FVxLI=Fleckvieh-Limousin Kreuzung, © HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Wer es zart mag, ist also bei Fleckvieh-Angus Kreuzungen, Limousin und Limousin-Fleckviehkreuzungen gut aufgehoben, was Jungrindfleisch betrifft. Wer der Kombination zart und etwas fetter viel abgewinnen kann, der ist beim reinrassiegen Schotten richtig. Noch ein Wort zu den Saftverlusten beim Kochen, Grillen und während der Lagerung: die treten hauptsächlich durch Fehler bei der Schlachttier- und Schlachtkörperbehandlung auf – etwa Stress beim Tiertransport, der Fleischkühlung und der Fleischreifung. Bleibt noch das Thema Fettsäuren. Sie wissen schon, das Omega-6 zu Omega-3 Verhältnis sollte in unserer Ernährung kleiner als 5:1 sein, ist aber in der Regel über 10:1. Auch da punktet Jungrind aus heimischen Grünland- und Berggebiet. Es weist ein sehr günstiges Omega-3 Verhältnis auf, etwa im Vergleich zu Kalbin, Ochse oder Stier aus intensiver Mast. Dass die Angus-Jungrindproduktion Potenzial hat, daran hat Expertin Velik keinen Zweifel. Aber für wen könnte es interessant sein, einzusteigen? “Vor allem für extensiv wirtschaftende Betriebe mit moderaten Grundfutter-Qualitäten und Verzicht auf Kraftfutter-Einsatz  – auch in der Endmast”, sagt sie und fügt hinzu, dass hinter Jungrindern aus der Mutterkuhhaltung, egal welcher Rasse, immer auch artgerechte  Weidehaltung, Regionalität und ein stressfreier Umgang mit den Tieren steht. Ein besseres Schlusswort fällt uns jetzt auch nicht mehr ein.

http://www.raumberg-gumpenstein.at/

https://www.lfs-hohenlehen.ac.at/

Was ist eigentlich Jungrind? Als Jungrinder gelten männliche undweibliche Tiere aus der Mutterkuhhaltung, die bis zur Schlachtung mit maximal einem Jahr mit der Mutterkuhherde mitlaufen und Milch saugen.Jungrinder nehmen somit eine Zwischenstellung zwischen Kalb (bis 8 Monate alt) und den Kategorien Stier, Ochse und Kalbin ein – die sind über ein Jahr alt, Ochsen sind kastriert, Kalbinnen haben noch kein Kalb geboren.