Reisbauer in Österreich? Wer das ist, braucht Pioniergeist, Wissen, und muss über das ´Belächelt Werden´ hinwegsehen. Dann klappt´s auch mit der guten Ernte.

In Österreich Reis anbauen? Ohne subtropisches Klima, asiatische Gelassenheit oder italienisches Temperament? Darüber hätten selbst Menschen mit viel Phantasie noch vor ein paar Jahren gelächelt. Alle? Nein nicht alle. Erwin Ungar, Ewald Fröhlich und Gregor Neumeyer hat das Thema nicht losgelassen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle drei innovative Köpfe mit einem Schuss Pioniergeist sind.  Neymeyer etwa, im Hauptberuf App-Entwickler, sinnierte 2015 beschwipst mit Kollegen über den Reisanbau in hiesigen Gefilden, übernahm 2016 den Bauernhof des Vaters in Gerasdorf und machte aus der “bsoffenen Geschicht” kurzerhand ein Geschäftsmodell namens “Österreis”. Mittlerweile arbeitet er mit sechs befreundeten Bio-Landwirten in Ostösterreich. Unger wiederum ist seit 20 Jahren ein Biopionier, der sich nicht nur bestens im Pflanzenanbau auskennt, sondern auch versiert in Geschichte ist. Ihn ließ es nicht los, dass schon 1864 im ausgetrockneten Neusiedler-Seebett mit mehr oder weniger Erfolg Reis angebaut wurde. Daran wollte er zusammen mit seinem Nachbarn Erich Leyrer anknüpfen und beweist seit 2012, dass das noch besser geht. Steirer Fröhlich schließlich lebt nach dem Motto “Nur weil es noch keiner gemacht hat, heißt es nicht, dass es nicht funktioniert” und befand, dass der Reisanbau doch gut zur Haltung von 600 Mastschweinen passen würde. Zusammen mit Franz Fuchs entwickelte er die Marke Steirerreis, für die heute bereits acht Bauern die kleinen Körner kultivieren.

Die Tücken des Trockenanbaus

Warum es in Österreich bisher nur wenige Pioniere gibt, die sich dem Reisanbau widmen, das liegt allem voran an der Anbaumethode, dem Trockenreisanbau. Denn hierzulande wird Reis nicht in permanent gefluteten Feldern kultiviert wie in Asien oder auch Italien – mit 220 Tausend Hektar Reisfeldern übrigens Europas größter Produzent. Was nicht heißt, dass nicht auch der Trockenreis viel Wasser zum Wachsen  braucht und eine hohe Luftfeuchtigkeit liebt. Aber: Er übersteht eben auch Trockenphasen.

Alles gut also? Ja, wäre da nicht der größte Feind der Trockenreis-Anbauer, das Unkraut. Aufgrund des fehlenden stehenden Wassers wächst das nämlich gern richtig gut. Im schlechtestens Fall nimmt es so überhand, dass es zu ordentlichen Ernteeinbußen kommt. Das Unkraut sei tatsächlich die größte Herausforderung, sagt Unger, allem voran wenn man biologisch arbeite. In einer Saison gießt er 15 bis 17 Mal und hackt nach jedem dieser Gießvorgänge die komplette Kulturfläche. “Wir verwenden dazu ein kameragesteuertes Hackgerät, das exakt der Zugmaschine hinterherfährt”, erklärt er. Bei den Österreisern von Gregor Neumeyer wird das Unkraut sogar noch händisch entfernt. 1.500 Stunden widmete man sich dieser unliebsamen Tätigkeit im Jahr 2018. Einen Vorteil hat der Trockenanbau allerdings auch. “Im Gegensatz zur Nasskultur werden keine Fäulnisbakterien erzeugt, die dann große Mengen an Methangasen ausscheiden, was in Zeiten des Klimawandels sehr zu begrüßen ist”, sagt Unger.

Ernte gut, alles gut

Die 2018 eingefahrenen Ernten sind allem Unkraut zum Trotz richtig gut. Unger, der sich seit neun Jahren mit Reisanbau beschäftigt, produzierte in der letzten Saison auf neun Hektar Fläche 21 Tonnen Seewinkler Bioreis in der Farbe Rot, Schwarz und Weiß. Der Klimawandel kann ihm wenig anhaben: “Die letzten Jahre kommen uns mit den Temperaturen sehr entgegen” sagt er, “wobei man auf natürlich auf den Wasserhaushalt des Boden sehr achten muss, das heißt wöchentlich einmal gießen.” 2019? Da hat Unger einiges vor. Er will die Reisanbaufläche um ein Drittel erhöhen. Auch Reisbauer Fröhlich resümiert das Jahr als ein gutes Reisjahr. Die Aussaat sei Mitte April erfolgt, die Saat schnell gekeimt. Das Wetter? “Gestattete dem Reis in der Jugendphase ein zügiges Wachstum und bis Ende Juni haben die Niederschläge immer zur rechten Zeit eingesetzt.” Der Sommer sei dann schwierig gewesen: “Da der Reis ein flaches Wurzelsystem hat, musste wegen der Trockenheit und den hohen Temperaturen in regelmäßigen Abständen gegossen werden. Doch einige kleinräumige Gewitter halfen immer wieder und ersparten uns doch einiges an Arbeit”, blickt er zurück. Auch die Ernte in der Steiermark kann sich mit 40 Tonnen Rohreis sehen lassen – sie stammt von allen acht Bauern, die für Steirerreis Reis anbauen. Circa ein Drittel dieser Menge wird als polierter Reis auf den Tellern der Österreicher landen. Aus dem Rest werden Mehl, Grieß und Nudeln. Auch Fröhlich plant, die Anbaufläche 2019 zu steigern, allerdings nur in geringem Ausmaß.

Ewald Fröhlich zeigt seine Steirerreis-Pflanzen. Die Ernte wird später auch zu Reisnudeln und Reismehl.

Die sechs Österreis-Landwirte von Gregor Neumeyer ernteten 2018, in ihrer vierten Saison, zehn Tonnen Reis, das  bisher beste Ergebnis, zudem die Ernste 2017 gering gewesen sei, sagt er, und: “Wenn man nur die Temperatur betrachtet, war 2018 ein perfektes Jahr. Durch den sehr warmen Frühling konnten wir schon früh mit der Aussaat beginnen und es blieb bis in den Frühherbst ungewöhnlich warm. So konnten wir die Ernte ungefährdet einfahren.”

Gregor Neumeyer, im Brotberuf App-Entwickler, produzierte mit weiteren sechs Landwirten 2018 zehn Tonnen Österreis.

Bier, Waffeln, Mehl und Nudeln

Mit Reis alleine geben sich die heimischen Reisbauern allerdings nicht mehr zufrieden. Gregor Neumeyer stellte im Sommer gemeinsam mit Kurt Tojner von der Rodauner Biermanufaktor das erste österreichische Reisbier vor: “Wir haben lange daran getüftelt – ein helles Lager, das sich fruchtig trocken, ein wenig erdig-getreidig und moderat bitter zeigt, ist daraus geworden.” Wer jetzt gleich eine Bestellung aufgeben will, der muss sich allerdings noch gedulden. Die 3.000 Flaschen der letzten Saison sind nämlich schon ausgetrunken. Aber “Calafati” wird im kommenden Jahr wieder erhältlich sein, die Flasche um 2,90 – ab Hof oder bei ausgewählten Craft Bier-Händlern. Glutenfrei ist es allerdings nicht. Ebenso ausverkauft sind derzeit seine arsenfreien Reiswaffeln. Beide Produkte wird es heuer, genau wie das Reismehl, allerdings wieder geben. Und: Neumeyer hat neue Partner-Landwirte gewonnen. Ewald Fröhlich verarbeitet die Körner, die beim Polieren brechen, zu Mehl, Grieß, und Nudeln weiter. Im Angebot sind Reisnudeln mit und ohne Ei, Reis-Mais-Nudeln und Reis-Heiden-Nudeln. Allesamt bestechen durch ihre ein- (Reisnudeln ohne Ei) bzw. zweiminütige Kochzeit. Ob der Reisanbau in Österreich eine verheißungsvolle Zukunft hat? Das ist gut möglich. Nicht zuletzt, weil gerade asiatischer Reis- und Reisprodukte durch den hohen Schwermetallanteil in den Böden und im Wasser belastet sind, wie die WHO warnt. So gesehen ist der Griff zum heimischen Reis dann nicht nur kulinarisch ein Schmankerl, sondern auch gesünder.

Über den Reis  Ursprünglich wurde in Indien und China vermutlich vor etwa 10.000 Jahren wilder Reis gesammelt. Andere Quellen gehen allerdings davon aus, dass Reis bereits vor über 11.000 Jahren angebaut wurde und damit das erste kultivierte Getreide überhaupt war. Ein mit wissenschaftlichen Daten belegter Anbau vor 7.000 bis 6.000 Jahren gilt heute als wahrscheinlich. In Japan wurde Reis erst etwa um 300 v. Chr. angebaut. Nach Europa kam der Reis durch die Mauren, zuvor war er um 400 v. Chr. ins Zweistromland gelangte. Über Alexander den Großen kam der Reis ans Mittelmeer, wo er zunächst bei Römern und Griechen auf wenig Interesse stieß. Erst in der Renaissance wurde er vermehrt verwendet. Der heute verwendete Kulturreis O. sativa wurde im Tal des Yangtze und im Tal des Ganges erstmals kultiviert. Von ihm gibt es heute über 120.000 Sorten. 95 Prozent davon werden in Asien angebaut, insgesamt beträgt die jährliche Reisproduktion ca. 750 Millionen Tonnen. Um ein Kilo Reis zu erzeugen, sind zwischen 3.000 und 5.000 Liter Wasser notwendig.

http://www.oesterreis.at

http://www.steirerreis.at

http://unger-blumen.weebly.com