Der Vorarlberger Winzer Josef Möth hat aus gutem Grund je einen 1000-Liter Tank mit seinem Weiß- und Rotwein im Bodensee versenkt.

Josef Möth mit seinem Expertenteam knapp vor dem Start seiner Mission Tiefenrausch. ©Christian Schramm

“Projekt Tiefenrausch: Wir schreiben den 15. Mai 2018. Die Mission nähert sich ihrem Etappenziel. Der erste Sondierungstauchgang war schlichtweg ernüchternd. Der Seegrund ist eine Art Zement-Baukleber-Treibsand mit nicht ermittelbarer Sedimenttiefe. Alles was damit in Kontakt kommt wird quasi angesaugt und ist nicht mehr heil bergbar. Zudem haben unsere Taucher ein extrem kurzes Zeitfenster von circa sechs Minuten in dieser Tiefe. Unsere Weinfässer haben wir nun derart modifizieren müssen das unser Konstrukt nun wirklich einer Mondlandekapsel ähnelt, oder besser Weinlandekapsel. Egal wie es heute ausgeht, andere werden folgen, wir sind voraus gegangen.” Das ist ein Auszug aus dem Logbuch des Vorarlberger Winzers Josef Möth, der sich in den Kopf setzte, je einen 1.000-Liter-Tank mit Rot- bzw. Weißwein im Bodensee in rund 60 Metern Tiefe im Bodensee zu versenken. Die gute Nachricht: Was sich hier noch quasi unmöglich anhörte, hat am Ende doch geklappt.

Bevor es ans Versenken der Stahltanks ging, brauchte es viel Überzeugungsarbeit. ©Christian Schramm

Möth wollte mehr, wie so oft in seinem Winzerleben. Entstanden ist die Idee während eines langen Winters. “Wir wollen von Wissenschaftlern begleitet wissen, wie sich der Weingeschmack verändert”, sagt der 44jährige Winzer. Und fügt hinzu: “So etwas hat am Bodensee noch niemand gemacht. Und auch weltweit haben diese Art der Weinlagerung bisher nur wenige Winzer ausprobiert.”

Edelstahltanks im Keller lagern kann jeder

Die weiße Variante des Weines wird ein halbes Jahr in der Tiefe ausharren, die rote ein Jahr. Spätestens dann wird die Frage geklärt sein, wie sich die gleichbleibende Temperatur von rund vier Grad Celsius, der 60 Meter unter der Wasseroberfläche herrschende Druck und die Lichtverhältnisse auf den Wein auswirken. Denn all das kann Qualität und Geschmack beeinflussen, sagt Möth.  Robert Steidl von der Höheren Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg interessiert diese Frage auch. Er begleitet das Projekt wissenschaftlich und lagert für den Vergleich parallel Wein in einem Kühlraum bei fünf Grad. Um die Frage zu klären, ob sich Aromastoffe im Wein verändern, gibt es vor und nach der Unterwassereinlagerung eine Analyse.

Der Weg war kein leichter

Sie fragen sich jetzt, ob es denn so einfach möglich ist, in Europas größtem Trinkwasserreservoir zwei Stahltanks mit Wein zu versenken? Nein, ist es nicht. Es galt nicht nur die Bezirkshauptmannschaft Bregenz, sondern auch die Berufsschiffahrt und die IBKF (Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei) dafür zu gewinnen. “Wir mussten Überzeugungsarbeit leisten, weil wir die ersten mit so einer exotischen Idee sind”, erinnert sich Möth. Aber alle seien aufgeschlossen und hilfsbereit gewesen. Nachdem Taucher, Spezialboote, die richtigen Tanks und ein geeigneter Platz im See gefunden waren, wo weder Fischer noch Schifffahrt behindert werden, legte man los mit der Versenkung. Vor dem Absinken in den schlammigen Seeboden werden die Stahltanks übrigens mittels eines Stelzengerüsts bewahrt. Ohne das Gestell sei eine Bergung praktisch ausgeschlossen, sagte Möth. “Dieses Risiko können wir nicht eingehen.” Möth darf den Bodensee einmalig bis 2020 als Weinlagerplatz nutzen. Wie die Edition Tiefenrausch schmeckt, darauf ist man jetzt noch neugierig. Verkaufen wird sie sich mit Sicherheit gut, sagt Maren Scharfenberger-Schmeer, Professorin am Weincampus Neustadt. “Solche Geschichten kurbeln den Verkauf immer an”, sagt sie. In Sachen Geschmack erwartet sie aber keine Veränderung. Man darf gespannnt sein, wer recht hat.