Im heimischen Bier findet sich heuer zum ersten Mal auch importierte Gerste. Warum man trotzdem noch keine Angst um’s Feierabend-Seiterl haben muss.

Dass unser Bier nicht deppad ist, das ist hierzulande spätestens seit weiland Mundl Sackbauer eine bekannte Tatsache. Schon ein bisschen deppad ist allerdings, dass die darin enthaltene Sommergerste – sie wissen schon, daraus wird das Malz im Bier – keine Hitze mag. In Zeiten des Klimawandels ist das keine besonders gute Voraussetzung. 2018 gab es deshalb schon zu wenig Braugerste. Und heuer müssen die Brauereien erstmals auf Importe zurückgreifen. Die Ernte in Niederösterreich, das rund vier Fünftel der heimischen Sommergerste anbaut, reichte einfach nicht aus. Weil man den Inlandsbedarf an Malz nicht mehr decken konnte, findet sich jetzt welches aus Deutschland, Frankreich, Tschechien und der Slowakei in manch heimischem Seiterl.

20.000 Tonnen Bedarf – das ging sich nicht mehr aus

Nehmen wir doch einfach Wintergerste?

Ja, das liegt nahe und viele Brauereien greifen auch darauf zurück. Die Wintergerste-Anbaufläche steigt. Aktuell liegt sie bei 101.567 Hektar. Für Urban hat die Wintergerste insofern Vorteile, dass sie schon im Oktober angebaut wird, über den Winter Feuchtigkeit aufnimmt – quasi als Feuchtigkeitsdepot – und davon zehren kann. Damit hat sie bessere Voraussetzung, im heißeren Klima zu gedeihen. Allerorts gibt man sich aber noch nicht geschlagen. Im Waldviertel etwa will man den widrigen Bedingungen trotzen, sagt Brauerei-Schrems-Betreiber Karl Trojan. Für Sommergerste-Nachschub sollen hier auch künftig die  Bauern der schon vor einem Vierteljahrhundert gegründeten  Erzeugergemeinschaft Ökoregion Waldviertel sorgen. Die haben Auflagen. Sie dürfen etwa erst nach erfolgter Bodenprobe düngen und Klärschlamm ausbringen ist sowieso verboten. Für Trojan eine runde Sache: „Die Bauern erhalten die Waldviertler Kulturlandschaft. Wir garantieren den Absatz und wir sichern uns einen qualitativ hochwertigen Rohstoff.”

Unsichere Zeiten

Urban ist die Sache mit der Sommergerste dennoch nicht mehr ganz so koscher wie Trojan. Er plädiert ergo dessen dafür, schleunigst die Winterbraugerste weiter zu entwickeln. Und das, obwohl die heurige Ernte der heimischen Sommergerste qualitatitv hochwertig ist, nicht  zuletzt profitierte sie vom regnerischen Mai. Mit 4.600 Kilogramm pro Hektar  liegt man deutlich über dem Vorjahr. Gesamt stehen aber aufgrund des Anbauflächen-Rückgangs nur 4.000 Tonnen mehr als die eh schon schwachen 160.000 Tonnen des Vorjahres zur Verfügung. Müssen Sie jetzt um ihr Feierabendbier Angst haben? Nein. Im schlimmsten Fall wird’s internationaler, im besten Fall findet sich im Seiterl künftig österreichisches Malz aus Winter- statt aus Sommergerste. Sich allerdings nur auf Hilfe von oben zu verlassen, das wird künftig nicht mehr funktionieren. Schaden kann ein frommes Hopfen und Malz, Gott erhalt’s aber auch nicht wirklich.