Der Klimawandel geht auch an der heimischen Fischpopulation nicht vorüber. Die Bundesforste wollen jetzt wissen, wie es um ihre Vitalität steht.

Bei der nächtlichen Echolotmessung schippert das Boot mit fünf km/h über den See. ©ÖBf Harald Ficker

Wenn Sie an einem österreichischen See leben und gerade ungewöhnliche Bootsfahrten zu nächtlicher Stunde beobachten, dann können wir Sie jetzt vielleicht beruhigen: Es könnten Boote der österreichischen Bundesforste (ÖBf) sein. Was die in der Nacht auf den Seen zu suchen haben? Sie wollen wissen, wie es der heimischen Fischpopulation geht und untersuchen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Gewässerökologie und Fischereiwirtschaft des Bundesamtes für Wasserwirtschaft die Fischbestände von Reinanken (Coregonus sp.) und Seesaiblingen (Salvelinus umbla) an insgesamt elf Gewässern in Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Kärnten und der Steiermark wissenschaftlich. Und dafür braucht es auch nächtliche Echolotmessungen. Wozu das Ganze? Zu ihrem Besten. Reinanke und Seesaibling, die typischen Bewohner der tiefen Alpen- und Voralpenseen sind von großem ökologischen wie fischereiwirtschaftlichem Wert und leiden unter den Auswirkungen des Klimawandels. “Und zwar bereits sehr deutlich”, sagt Rudolf Freidhager, der Vorstand der Österreichischen Bundesforste. Hitzeperioden und andere Wetterextreme nehmen Einfluss auf die Wassertemperaturen und damit auch auf das Nährstoff- und Nahrungsangebot im See. Das wiederum wirkt sich auf die Fischbestände aus.

Im Zick-Zack Kurs dem Klimawandel entgegen

Neben fischbiologischen Basisdaten wie Länge, Alter, Geschlecht oder Laichreife werden Größe und Verteilung der Fischbestände im See über nächtliche Schallreflexionsmessungen (Echolot) in den Gewässern erfasst. Und das geht so: Ausgerüstet mit modernster Technik fahren die Boote mit nur 5 km/h und im vorgegebenem Zick-Zack-Kurs, um eine bestmögliche Fisch-Stichprobe zu erfassen. „Zum Schutz vor Räubern sind einige Fischarten unter Tags in Schwärmen unterwegs oder halten sich am Seegrund auf. Bei einsetzender Dunkelheit lösen sich die Schwärme auf und die Fische steigen zur Nahrungssuche in höhere Wasserschichten auf“, erklärt Freidhager. Im Winter steigt die Messgenauigkeit. „Dann ist es am und im Wasser sehr ruhig. Die Fische bewegen sich langsam und die Seeoberfläche ist meist spiegelglatt.“

Einer der Seen, die im Blickpunkt stehen: Der Weissensee in Kärnten ©ÖBf-Archiv/Wolfgang Simlinger

Das Echolot wird in einer Wassertiefe von etwa 20 Zentimetern seitlich am Bootsrand befestigt und sendet Millionen von Schallwellen in die Tiefe des Sees. Der Gewässergrund sowie die Fische reflektieren das akustische Signal zurück zum Echolotgerät. Die gewonnenen Daten werden anschließend im Labor ausgewertet. Was tut man damit am Ende? „Im Sinne einer naturnahen Bewirtschaftung langfristig planen, wie viel Fisch nachhaltig entnommen werden kann oder bei Bedarf notwendige Maßnahmen zur Erhaltung der Arten setzen“, so Freidhager. Das sei gerade in Zeiten des Klimawandels von entscheidender Bedeutung.

Sommerzeit ist Basisdaten-Zeit

Fischökologische Basisdaten werden auch erhoben, allerdings im Sommer. Da werden kleine Stichproben der beiden Fischarten mit Netzen aus den Seen gefischt, gemessen, gewogen und auf Verletzungen und Parasitenbefall untersucht. Auch ihr Alter wird festgestellt. Das funktioniert übrigens sehr ähnlich wie bei Bäumen. Unter dem Mikroskop kann man auf den Fischschuppen der Reinanken Jahresringe zählen.

Die Reinanke (im Bild) wird zwei Jahre lang untersucht, ebenso der Seesaibling. ©ÖBf Clemens Ratschan

„In der warmen Jahreszeit, wenn ausreichend Nahrung im See vorhanden ist, wachsen die Fische schneller und die Jahresringe sind breiter, wohingegen sie im Winter, in der Zeit der Entbehrung, deutlich schmäler ausfallen“, so Freidhager. Bei den Seesaiblingen muss allerdings eine Alternative her – die Gehörsteinchen (Otholithen), weil ihre Schuppen zu klein sind. Warum man die ökologischen Entwicklungen an den Gewässern so genau beobachtet? Ganz einfach: “Um die einzigartigen Ökosysteme und ihre Vielfalt an Pflanzen und Tieren auch für zukünftige Generationen zu erhalten“, sagt Freidhager.

Die Untersuchungen der österreichischen Bundesforste (ÖBf) finden über einen Zeitraum von zwei Jahren an den ÖBf-Gewässern Attersee, Traunsee, Hallstätter See (alle OÖ), am Wolfgangsee (OÖ/Sbg.) und am Wörthersee, Millstätter See und Weissensee (alle Ktn.) sowie am Grundlsee (Stmk.) statt. Ebenso untersucht werden der Mondsee (OÖ), der Obertrumer See (Sbg.) sowie der Achensee (Tirol). Der europäische Fischereifonds (EMFF) unterstützt das Projekt finanziell. Sämtliche aus der Untersuchung gewonnen Daten finden Eingang in die „Fischdatenbank Austria“ (FDA) des Bundesamtes für Wasserwirtschaft, in der alle relevanten Befischungsdaten zu österreichischen Seen und Fließgewässern archiviert werden. https://www.bundesforste.at/